Flüchtlinge bekommen Servicekarte

Flüchtlingshilfe
Flüchtlingshilfe(c) Stanislav Jenis
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Wegen Wartezeiten bekamen Asylwerber kein Geld. Wien springt für den Bund ein und verteilt Karten, die Krankenversicherung und Grundversorgung sicherstellen.

Wien. Flüchtlingen in Wien wurde in den letzten Wochen immer wieder das Taschengeld gestrichen. Grund dafür ist, dass zwischen Asylantragstellung und Erstinterview derzeit im Schnitt elf Wochen liegen – gesetzlich sind 48 Stunden vorgesehen. Erst danach haben die Flüchtlinge ein Recht auf die sogenannte Grundversorgung. Neben einem Schlafplatz ist ein Taschengeld von 40 Euro  im Monat vorgesehen, das die Flüchtlinge in der Vergangenheit meist nur mit großer Verzögerung erhalten haben. Das sorgte für große Verstimmung unter den Menschen – weil manche das Geld bekamen, manche nicht. Verantwortlich ist für die Versorgung in dieser ersten Phase der Bund.

Nach Kritik von NGOs springt Wien erneut für das Innenministerium in die Bresche. Um solche Situationen künftig zu vermeiden, teilt der Fonds Soziales Wien (FWS) jetzt eine Servicekarte für Flüchtlinge aus. Auf der Plastikkarte sind Stammdaten wie Name, Geschlecht, Geburtsdatum und -ort sowie Nationalität festgehalten. Weiters sind die Flüchtlinge damit ab dem ersten Tag in der Grundversorgung – die Stadt schießt das Geld für den Bund vor.

Spezialsituation in Wien

„Wir sind noch immer in einer Krisensituation und dankbar, dass Wien hier mehr tut, als es müsste“, heißt es dazu aus dem Innenministerium. Die langen Wartezeiten für die Interviews entstünden vor allem deswegen, weil diese anders als in anderen Bundesländern nur von der Polizei durchgeführt werden – aufgrund des großen Andrangs gebe es einen Rückstau. Derzeit sind in Wien fast 18.000 Flüchtlinge in der Grundversorgung.

Die Servicekarte funktioniert auch als eine Art E-Card – die Flüchtlinge sind ab dem ersten Tag krankenversichert und können Leistungen in Anspruch nehmen. Die Karte ermöglicht es zudem, unkompliziert einen Wohnsitz zu melden, ohne Formulare ausfüllen zu müssen. „Das ist eine Erleichterung für die Flüchtlinge, aber auch für uns administrativ wichtig“, heißt es vom Fonds Soziales Wien. Mit den Wiener Linien werden billige Jahrestickets verhandelt.

Wien ist das einzige Bundesland, das die Flüchtlingsquote mit 120 Prozent übererfüllt – der Andrang ist groß. Rund zwei Drittel all jener Flüchtlinge mit positivem Status kommen in die Hauptstadt – billige Wohnungen werden laufend gesucht. Gerade jetzt im Winter gilt es, aufkeimende Obdachlosigkeit von Asylwerbern einzudämmen: Darum sollen nächsten Mittwoch 180 Flüchtlinge in das ehemalige Publizistikinstitut in der Schopenhauerstraße (Währing) ziehen. Der FSW will bis Ende des Jahres weitere Quartiere eröffnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2015)

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