„Durchbruch“ bei Transaktionssteuer

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Die geplante Finanztransaktionssteuer steht doch noch nicht vor dem Aus. Zehn Eurostaaten inklusive Österreich haben sich geeinigt, weiterzuverhandeln. Nur Estland scherte aus.

Luxemburg. Seit Jahren wird über die Finanztransaktionssteuer diskutiert, zuletzt wollten sich elf Staaten – darunter Österreich – daran beteiligen. Am Montag sah es kurz so aus, als würde nie etwas daraus werden. Der deutsche Finanzminister, Wolfgang Schäuble, zeigte sich „hinreichend skeptisch“, dass es je zu einer Einigung auf die EU-Finanztransaktionssteuer kommen könnte. „Irgendwo scheitert es immer an einem Mitgliedsland oder irgendeiner technischen Frage.“

Am Dienstag kam es schließlich doch zu einem „Durchbruch“. So nannte zumindest Österreichs Finanzminister, Hans Jörg Schelling, das Ergebnis der Verhandlungen. Tatsächlich gibt es eine Grundsatzeinigung darüber, dass noch weitere Verhandlungen über die Höhe der Steuersätze geführt werden. Mit an Bord sind zehn Staaten – Österreich, Deutschland, Frankreich, Belgien, Griechenland, Italien, Portugal, Slowenien, die Slowakei und Spanien. Nur Estland ist aus der ursprünglich elf Länder umfassenden Gruppe ausgeschert.

Zum Ausstieg Estlands meinte Schelling, dass dies kein endgültiger Schritt des baltischen Landes sei. „Sie überlegen sich noch, ob sie bei einem entsprechenden Endresultat mitmachen werden.“ Der nächste Schritt sei nun, die offenen Fragen bis Sommer 2016 zu klären, unter anderem die Höhe der Steuersätze.

Höhe bleibt umstritten

Zu den Steuersätzen – ursprünglich waren 0,1Prozent für den Handel mit Aktien und Anleihen und 0,01 Prozent für Derivate angedacht, zuletzt war nur noch von der Hälfte die Rede – sagte Schelling, es sei gemeinsames Interesse, den österreichischen Vorschlag aufzugreifen, „möglichst alle Produkte drinzuhaben, aber möglichst niedrige Sätze dafür zu verwenden“.

Nun gehe es darum, dass die technische Gruppe mit der EU-Kommission die verschiedenen Varianten durchrechne. Natürlich müsse die Steuer so hoch sein, dass die Verwaltung keine Mehrkosten bringe. „Diese Relation muss schon eine sehr gute sein.“

Zahlen über allfällige Einnahmen einer solchen Finanztransaktionssteuer „driften sehr stark auseinander“. Es sei ja immer die Frage, was genau besteuert wird. Aber „ich glaube, dass die Steuer vernünftige Einnahmen bringen wird, wenn auch bei Weitem nicht in dem Umfang, wie man ursprünglich gedacht hat“. Ursprünglich hat Österreich auf jährliche Einnahmen von 500 Mio. Euro gehofft.

Ein Ende der Finanztransaktionssteuer sei jedenfalls „in keiner Weise“ gegeben. „Wir sind einen wesentlichen, vielleicht sogar einen entscheidenden Schritt weitergekommen“, betonte der Minister. Auch die österreichische Vorsitzführung der vergangenen Monate in der Gruppe der elf und nunmehr zehn Staaten sei positiv bewertet worden. „Wir waren bereit, neue Vorschläge bis zur letzten Minute einzubringen. Das ist jetzt ein guter Neuanfang.“

Zuletzt hätten sich sogar die Niederlande zu Wort gemeldet und erklärt, wenn es möglich sei, die Bedingungen so zu gestalten, dass die Auswirkungen auf Pensionsfonds minimiert werden könnten, sei eine Beteiligung an der Finanztransaktionssteuer möglich. In Estland habe die dortige Regierung erklärt, es sei für sie nicht möglich mitzumachen, weil nur die Aktien und Derivate der Teilnehmerländer betroffen seien und nicht generell alle. „So etwas ist zwar rechtlich möglich, hat aber keine Mehrheit gefunden“, erklärte Schelling.

Jedenfalls könne sich jeder noch überlegen, ob er beitritt, sobald die endgültigen Unterlagen vorliegen. Dies habe auch der deutsche Finanzminister klargemacht. Kritische Stimmen habe es mehrere vonseiten der Nichtteilnehmerstaaten gegeben, Großbritannien sei hier führend, aber dies sei nichts Neues.

Schelling ist überzeugt davon, dass die Finanztransaktionssteuer „kaum Auswirkungen auf die Realwirtschaft haben“ wird. Private Vorsorgeleistungen und Pensionsfonds würden nicht teurer. Von der Steuer seien vorerst nur staatliche Anleihen ausgenommen. Nun müsse ausgearbeitet werden, dass die Kosten für staatliche Anleihen sowie auch die Derivate, die dahinterstecken, und für die Realwirtschaft „so klein wie möglich gehalten werden“. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.12.2015)

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