Ukraine: Hotelmangel gefährdet Fußball-EM

(c) Reuters (Gleb Garanich)
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Heimische Banken zögern, die Finanzierung der Euro-Projekte zu übernehmen. Während in Polen zumindest der Stadienbau begonnen hat, schleppen sich die Vorbereitungen in der Ukraine endlos dahin.

Wien. Erst seit einigen Wochen gibt es wieder Bewegung im Kiewer Olympiastadion. Sehr langsam entsteht hier, wo am 1. Juli 2012 das Endspiel der Fußballeuropameisterschaft stattfinden soll, aus der einstigen Bauruine eine Fußballarena. Es scheint, als wäre die Stippvisite des Uefa-Generalsekretärs Michel Platini im März der nötige Warnschuss für die Ukraine gewesen. „Im Moment gibt es hier mehr Abriss als Aufbau“, stöhnte Platini damals nach der Besichtigung der Baustellen. Zuvor hatte der Fußballverband bereits gedroht, der Ukraine die Euro 2012 zur Gänze zu entziehen. Denn während beim Mitveranstalter Polen zumindest der Stadienbau begonnen hat, schleppen sich die Vorbereitungen in der Ukraine endlos dahin.

15 Mrd. Euro veranschlagt

„Die Euro 2012 wird auf jeden Fall in der Ukraine stattfinden“, bemüht sich Illia Shevliak, der ukrainische Euro-Koordinator, gegenüber der „Presse“ zu kalmieren. Mittlerweile wurde die ukrainische Hauptstadt auch von der Uefa als Austragungsort bestätigt. Die restlichen Kandidatenstädte Lemberg, Donezk und Kharkiv müssen jedoch weiter zittern. Bis Ende November läuft die letzte Frist, die Versäumnisse nachzuholen. Noch fehlt ein schlüssiges Verkehrskonzept, auch die Sanierung von über 2000 Kilometer Straße und der Bau mehrerer Flughäfen muss bis dahin sichergestellt sein.

„Mit den Stadien wird die Ukraine keine Schwierigkeiten haben“, beteuert Shevliak. Der Ausbau der Infrastruktur geht jedoch weiterhin nur schleppend voran. Erst am Mittwoch warf der zuständige Verkehrsminister Jossip Winski entnervt das Handtuch. Er beschuldigte Premierministerin Julia Timoschenko, wichtige Bauvorhaben zu blockieren.

Fast die Hälfte der 15 Mrd. Euro, die von der Ukraine für die Euro veranschlagt wurden, gehen in den Ausbau der Transportnetze. Viel Geld für einen Staat, der infolge der Finanzkrise am Rande des Bankrotts taumelt. Heuer wird die Wirtschaft voraussichtlich um über zehn Prozent schrumpfen, die Inflation liegt bei 40 Prozent. Die fünf Mrd. Euro, die von Staat und Städten kommen sollen, seien aber gesichert, verspricht Shevliak. Ein Problem gebe es bei den restlichen zehn Mrd., die von privaten Investoren kommen sollen.

Investoren springen ab

Zwar sind die meisten ukrainischen Fußballklubs in der Hand von Oligarchen, die sich dem Projekt verschrieben haben. Doch auch ihr Geld und Wille reicht nicht aus, um die gesamten Kosten zu tragen. Das Interesse ausländischer Investoren ist gering. Im November gab es fast zehn internationale Bieter für einen Flughafenterminal – fast alle sind wieder abgesprungen.

„Das größte Problem gibt es bei der Finanzierung der Hotels“, klagt Shevliak. 72 Hotels müssen laut Uefa neu errichtet werden. Allein in Donezk sollen 1500 Fünfsternezimmer entstehen. Noch gibt es kein einziges. Dass sich nach der Euro 2012 je wieder so viele Touristen in die Stahlstadt verirren werden, ist nicht zu erwarten. Für den Bau von Hotels ist kein Staatsgeld vorgesehen.

Um den Hoteliers trotz der Dürre am Kapitalmarkt zu Krediten zu verhelfen, ist Shevliak in Wien auch bei Erste Bank und Raiffeisen (eine der größten Banken in der Ukraine) vorstellig geworden. Raiffeisen hat freilich bereits genug unsichere Kredite im Land. Das Interesse, neues Geld in den Markt zu pumpen, blieb demnach gedämpft. „Sie haben zugehört“, bleibt Shevliak diplomatisch. Er versteht, dass auch Banken derzeit vorsichtiger kalkulieren müssen.

Alpine baut Polens Stadien

„Das Land hat bisher keine Erfahrung mit einem derart globalen Projekt“, räumt der ukrainische Euro-Koordinator ein. An ein Scheitern glaubt er dennoch nicht. „Es ist unbestritten, dass wir manchmal nicht einmal wussten, wo es langgehen soll, doch wir sind überzeugt, dass die Euro eine Chance ist, das Land zu verändern und die Infrastruktur weiterzuentwickeln.“

Trotz all der Euphorie muss die Ukraine weiter um ihre Austragungsorte zittern. Denn das Partnerland Polen scharrt bereits in den Startlöchern. „Wir sind bereit, statt der geplanten vier auch sechs Spielstätten zu bauen“, posaunte der polnische Sportminister Miroslaw Drzewiecki erst kürzlich in Richtung Uefa und Ukraine.

Shevliak will davon nichts wissen. Es sei verständlich, dass jedes Land versuche, möglichst viel vom Kuchen für sich zu ergattern. Für den Salzburger Baukonzern Alpine wären zusätzliche Spielstätten in Polen vermutlich eine gute Nachricht. Bisher hat die Firma bei vier polnischen Stadien den Zuschlag bekommen. Einen Auftrag in der Ukraine hat die Alpine jedoch wieder zurücklegen müssen. Die Zusatzwünsche waren unerfüllbar, heißt es.

Zur Person

Ilya Shevliakist der ukrainische Koordinator für die Fußball-EM, die das Land 2012 gemeinsam mit Polen veranstaltet.

Die Uefa hatte mehrfach die schleppenden Vorbereitungen kritisiert. Probleme gibt es vor allem bei der Finanzierung der Hotels und Flughäfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2009)

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