Kredite: Banken raufen sich um Städte und Gemeinden

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Öffentliche Bäder, Schulgebäude, Kindergärten – die Gemeinden haben erhöhten Investitionsbedarf. Die Schulden vieler Gemeinden steigen. Die Institute stellen Milliardenbeträge zur Verfügung.

Wien. Während manche Betriebe über eine Kreditklemme klagen, bedrängen Österreichs Banken die Gemeinden, möglichst viel Geld aufzunehmen. Die Institute wittern hier trotz Finanzkrise ein Riesengeschäft. Die Bawag hat am Donnerstag alle Bürgermeister angeschrieben. „Wir stellen der öffentlichen Hand ein zusätzliches Finanzierungsvolumen von einer Mrd. Euro zur Verfügung“, kündigt Bawag-Vorstand Regina Prehofer an. Die Darlehen werden laut Prehofer zu „besten Konditionen“ angeboten. Die Milliarde soll aller Voraussicht nach bis Jahresende vergeben sein.

Hintergrund: Im Zuge des Bankenhilfspaketes mussten sich die Institute verpflichten, in den nächsten Jahren das Doppelte des vom Staat erhaltenen Kapitals an Neukrediten zur Verfügung zu stellen. Wer sich nicht daran hält, bekommt teilweise saftige Geldstrafen aufgebrummt. Bislang hatte es geheißen, dass die Banken vor allem Unternehmen unterstützen. Doch viele Institute wollen jetzt auch die Kommunen damit beglücken. Denn im Gegensatz zu Firmen verfügen die meisten Gemeinden über eine exzellente Bonität, so dass solche Kredite mit wenig Eigenkapital unterlegt werden müssen. In der österreichischen Geschichte kam es erst einmal vor, dass eine Gemeinde in Konkurs gegangen ist: Das war 1933 in Donawitz der Fall.

Kommunalkredit-Drama

Während sich Industriekonzerne bei Investitionen eher zurückhalten, verschuldet sich die öffentliche Hand jetzt im großen Ausmaß, um Infrastrukturprojekte voranzutreiben. Dabei wollen die Banken mitnaschen. Die Bawag hat eine Liste mit Vorschlägen fürs Geldausgeben erstellt: Ein durchschnittliches Seniorenheim kostet 5,5 Mio. Euro, ein Freizeitzentrum mit Hallenbad 1,5 Mio. Euro. Billiger kommen Kindergärten mit 1,2Mio. Euro. Die Bawag ist nicht der einzige Player, der den Fokus verstärkt auf Gemeinden richtet. „Wir haben gemeinsam mit den Sparkassen diesen Bereich neu aufgestellt“, sagt ein Erste-Bank-Sprecher. Ziel sei, dass es in jedem Bundesland eigene Betreuer gebe, die sich nur um Städte und Gemeinden kümmerten. Der Raiffeisensektor startete bereits im Vorjahr mit einer Großoffensive.

Denn nach dem Niedergang der Kommunalkredit, die den Gemeinden jahrelang günstige Kredite zur Verfügung stellte, werden die Karten neu gemischt. Die Kommunalkredit war in diesem Segment klare Nummer eins. Vergangenen Herbst musste sie vom Staat vor der Pleite gerettet werden. Derzeit wird an einem Sanierungsplan gearbeitet.

Die Konkurrenz beobachtet die Vorgänge mit Argusaugen: Falls die Kommunalkredit als Staatsbank mit Dumpingpreisen am Markt auftreten werde, sind Klagen bei der EU-Wettbewerbskommission zu erwarten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2009)

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