Der UN-Klimagipfel wurde bis zumindest Samstag verlängert. Bis zuletzt waren Finanzhilfen für Entwicklungsländer sowie die Nachschärfungen für konkrete Maßnahmen strittig.
Wien. „Wir dürfen jetzt nicht mehr scheitern.“ Diese Parole gab der für Klimaschutz zuständige EU-Kommissar Miguel Arias Cañete Freitagmittag vor Journalisten aus. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass es – anders als von der französischen Gipfel-Präsidentschaft geplant – an diesem Tag noch keine endgültige Einigung geben werde. Wie bei den meisten vergangenen Klimaschutz-Konferenzen wurden die Verhandlungen in das Wochenende ausgedehnt.
Denn die bis in die frühen Morgenstunden des Freitag andauernde letzte offizielle Verhandlungsrunde hatte immer noch kein für alle 195 beteiligten Staaten akzeptables Ergebnis gebracht. Deshalb begann Frankreich am Freitagnachmittag bilaterale Verhandlungen mit den wichtigsten Ländern beziehungsweise Ländergruppen. In diesen Einzelgesprächen sollten die Konfliktpunkte isoliert und mittels Kompromissen gelöst werden. Die Ergebnisse sollen in einen neuerlichen Vertragsentwurf münden, den der französische Außenminister Laurent Fabius heute, Samstag, Mittag präsentieren will.
Damit soll der Gipfel dann wirklich beendet sein – allerdings unter der Voraussetzung, dass es keine neuen Einwände eines Staates gibt. Beobachter erwarten daher, dass sich auch am Samstag die Gespräche noch zumindest bis in die frühen Abendstunden ziehen werden.
Doppeltes Grad-Ziel
Doch auf welche Punkte hat man sich in den vergangenen zwei Wochen bereits verständigt, und welche sind noch offen?
Bereits fixiert ist die grundsätzliche Zielvorgabe, wonach die Erwärmung der globalen Temperatur gegenüber dem vorindustriellen Niveau auf „unter zwei Grad und mit verstärktem Einsatz auf 1,5 Grad“ beschränkt werden soll. In diesem Fall haben sich also beide Seiten durchgesetzt: Jene Länder, die eine Verschärfung des Ziels auf 1,5 Grad forderten (die meisten Entwicklungsländer, zuletzt aber auch Deutschland und Frankreich) sowie jene Länder, die diese Verschärfung ablehnen (vor allem Saudiarabien).
Offen sind aber nach wie vor zwei andere wichtige Punkte. Der erste betrifft die Finanzhilfen für Entwicklungsländer, damit diese entweder Klimaschutzmaßnahmen finanzieren oder sogenannte Klimaschäden beseitigen können. Grundsätzlich haben sich Industriestaaten bereits im Jahr 2009 dazu verpflichtet, ab dem Jahr 2020 100 Mrd. Dollar pro Jahr für die Entwicklungsländer locker zu machen. Allerdings herrscht jetzt ein Streit darüber, in welche Kategorie stetig reicher werdende Schwellenländer wie China fallen. Letztere sehen sich selbst naturgemäß wenn nicht als Empfänger so zumindest nicht als Zahler. Ein Zugang, den man in den USA und Europa nicht akzeptieren will.
Nachschärfen als Problem
Das zweite und wohl noch entscheidendere Problem ist die Nachschärfung der nationalen Selbstverpflichtungen. Anders als beim 2020 auslaufenden Kyoto-Protokoll wird es nämlich nicht mehr international verpflichtende Ziele zur Reduktion von CO2-Emissionen geben, sondern jedes Land kann sich selbst zu solchen verpflichten. 185 der 195 Länder haben diese Selbstverpflichtungen im Vorfeld der Konferenz auch bereits bekannt gegeben. Allerdings ist jetzt schon klar, dass diese Verpflichtungen bislang nicht einmal ausreichen, um das Ziel einer maximalen Erwärmung von zwei Grad zu erreichen. Vom Ziel von 1,5 Grad ganz zu schweigen.
Daher soll es künftig regelmäßige Termine geben (vorgeschlagen sind alle fünf Jahre), in denen diese Ziele neu gemeldet und nachgeschärft werden müssen. Die Staaten sollen laut dem Vertragsentwurf auch erklären müssen, wie sie ihr Ziel berechnen und warum sie es in gewissen Bereichen nicht nachschärfen. Eine Vorgabe, die der EU besonders wichtig ist, von vielen anderen Ländern aber noch abgelehnt wird.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2015)