Obamas umweltpolitisches Testament

In den USA ist das Bewusstsein für den Klimawandel gestiegen. Bei den Republikanern hält sich aber weiter große Skepsis. Sie würden einen Klimavertrag am liebsten torpedieren.

Vollmundig hatte Jim Inhofe gedroht, noch in letzter Minute nach Paris zu fliegen, um in einer Ein-Mann-Mission das Klimaabkommen zu Fall zu bringen. Den Klimagipfel in Frankreich denunzierte der 81-jährige, republikanische Senator aus dem Präriestaat Oklahoma ohnehin als „große Party“.

In den USA gilt der Vorsitzende des Umweltausschusses als einer der hartleibigsten Leugner des Klimawandels. „Climate change“ ist für ihn ein einziger Schwindel, und wie zum Beweis warf er im Februar während einer Rede einen Schneeball ins Plenum. Fünf Jahre zuvor, als Washington in Schneemassen schier unterging, hatte Inhofe auf einem Rasen unweit des Kapitols demonstrativ ein Iglu errichtet, das er hämisch „Al Gores neues Zuhause“ nannte. Seine Gegner stempeln den zum Umweltapostel mutierten Ex-Vizepräsidenten und Friedensnobelpreisträger nur zu gern zur Witzfigur.

Während die republikanischen Präsidentschaftskandidaten die These von der Erderwärmung entweder ablehnen oder schlicht negieren, warb ein prominenter Republikaner in Paris für ein Umdenken. Als „Gouvernator“ in Kalifornien hatte sich Arnold Schwarzenegger für Alternativenergie starkgemacht und sich als Vorkämpfer für den Umweltschutz profiliert.

Sein Engagement spiegelt die Tendenz wider, wonach die Bewohner der Ost- und Westküste sensibler für Umweltthemen sind als im Rest des Landes und dass generell immer mehr US-Amerikaner alarmiert sind über den Klimawandel. Seit dem Klimagipfel 2009 in Kopenhagen sei das Bewusstsein gestiegen, heißt es in den USA unisono. Nach einer jüngsten Umfrage glauben 75 Prozent an einen negativen Effekt für die Umwelt, zwei Drittel plädieren für ein internationales Abkommen zur Reduktion von Treibhausgasen. Dies sei weniger durch eine Änderung des Lebensstils in den Griff zu kriegen als vielmehr durch technische Innovationen, meint eine Mehrheit. Für höhere Steuern oder Benzinpreise indes erwärmen sich die wenigsten.


Polarisierung

Wie in politischen und gesellschaftlichen Streitfragen zieht sich auch in der Umweltpolitik ein Graben zwischen den beiden großen Parteien. Als Barack Obama vor wenigen Wochen ein Großprojekt, den Bau der Keystone-XL-Ölpipeline von Kanada an den Golf von Mexiko, aus Umweltschutzgründen und unter Hinweis auf die billige, aber umstrittene Fracking-Methode und die höhere Energiesicherheit endgültig begrub, ging ein Aufschrei durch die Reihen der Republikaner. Mit seiner Umweltpolitik, der Vorgabe für die Reduktion von Schadstoffemissionen bei Kohlekraftwerken und dem Forcieren der erneuerbaren Energie, hat der Präsident auch die Kohleindustrie gegen sich aufgebracht.

„Wir haben nur einen Planeten. Es gibt keinen Plan B“, lautet Obamas Credo. In Paris bekannte er sich zur Verantwortung als Präsident des zweitgrößten Umweltsünders der Welt nach China, mit dessen Staatschef, Xi Jinping, er einen Umweltdeal geschlossen hat. Stets argumentieren Obama und seine Minister mit dem Impuls für die Wirtschaft, mit Millionen neuer Jobs. Mittlerweile sieht sich Washington gar in einer Führungsrolle in Umweltfragen.

In Paris ging es nun auch um das umweltpolitische Testament Obamas und seines Außenministers, John Kerry. Der Chefdiplomat, ein Verhandlungsveteran, musste dafür sorgen, dass das Abkommen nur ja nicht den Titel „Vertrag“ trug. Denn Jim Inhofe und die republikanische Kongressmehrheit würden einen solchen Pakt sogleich durch Sonne und Mond schießen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2015)

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