Klima: Die Bewährung steht noch aus

Das Ergebnis des Klimagipfels wurde von den Verhandlern am Samstagabend bejubelt. 195 Staaten haben sich auf ein Basispapier geeinigt. Dessen Umsetzung steht noch aus.
Das Ergebnis des Klimagipfels wurde von den Verhandlern am Samstagabend bejubelt. 195 Staaten haben sich auf ein Basispapier geeinigt. Dessen Umsetzung steht noch aus. (c) APA/AFP/FRANCOIS GUILLOT
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Das Klimaabkommen von Paris verfolgt sehr ambitionierte Ziele. Ob diese erreicht werden, hängt von der Bereitschaft der Staaten zur Umsetzung ab. Sanktionsmechanismen sind keine vorgesehen.

Paris. Der WWF sprach von einem „Meisterstück der Klimadiplomatie“. Am Samstagabend wurde das Klimaschutzabkommen in Paris von allen 195 beteiligten Staaten einstimmig beschlossen. Damit ist man weiter gekommen als 2009 in Kopenhagen. Damals haben sich die Staaten nicht einmal auf ein Basispapier zum Klimaschutz verständigen können. Das Pariser Abkommen sieht eine Begrenzung der Erderwärmung auf „deutlich unter“ zwei Grad, wenn möglich sogar 1,5 Grad, im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter vor. Die Entwicklungsländer sollen entsprechend unterstützt werden. In der zweiten Jahrhunderthälfte soll nur noch so viel Treibhausgas emittiert werden dürfen wie gleichzeitig gebunden werden kann (etwa durch Aufforstung von Wäldern).

1. Warum ist es diesmal, anders als 2009 in Kopenhagen, zu einer Einigung gekommen?

Der Hauptgrund dürfte sein, dass man schon im Vorfeld die Erwartungen heruntergeschraubt hat. Anstatt die einzelnen Länder sofort zu schärferen Klimazielen zu drängen, einigte man sich auf einen Mechanismus, mit dem die Ziele später verschärft werden sollen. Die vorliegenden nationalen Emissionsziele (die zum Erreichen der Klimaziele nicht ausreichen) sollen ab 2023 alle fünf Jahre überprüft werden. 2018 soll es eine erste informelle Bestandsaufnahme geben. Das Versprechen der Industriestaaten, den Ländern des Südens jedes Jahr hundert Milliarden Dollar für Klimaschutz und Anpassung zur Verfügung zu stellen, steht nur in der gemeinsamen Entschließung. Im Vertragstext bekennen sich die Industriestaaten lediglich allgemein zu gegebenen Verpflichtungen.

2. Wie rechtlich bindend ist das Klimaabkommen von Paris?

Das Abkommen selbst soll rechtlich bindend sein, nicht jedoch die nationalen Zusagen zum CO2-Ausstoß oder zu finanziellen Beiträgen. Ein Sanktionsmechanismus bei Vertragsverletzungen ist ebenfalls nicht vorgesehen. Andernfalls wäre es wohl nicht zu dieser Einigung gekommen. In den USA etwa lehnt der von den Republikanern dominierte Kongress das Abkommen ab. Präsident Barack Obama kann die Ratifizierung nur dann im Alleingang vornehmen, wenn die USA keine neuen Verpflichtungen eingehen, die über US-Recht hinausgehen.

3. Wie geht es nun weiter, wie soll die Umsetzung genau erfolgen?

Das Abkommen soll 30 Tage, nachdem mindestens 55 Staaten, die für mindestens 55 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, ihm beigetreten sind, in Kraft treten. Ein bestimmtes Jahr wird im Vertragstext nicht genannt, bisher ging man von 2020 aus. Ab 2020 sollen die Industriestaaten ärmeren Ländern jährlich hundert Milliarden Dollar für Klimaschutz und Anpassung an Klimafolgen zur Verfügung stellen. Bis 2025 soll ein neuer, höherer Betrag vereinbart werden. 2023 sollen die nationalen Emissionsziele und weitere Beiträge auch finanzieller Art im Rahmen des Abkommens erstmals bewertet und wenn nötig nachjustiert werden. Dies soll von da an alle fünf Jahre erfolgen, das nächste Mal also 2028.

4. Warum will man die Erderwärmung auf weniger als zwei Grad begrenzen?

Dieses Ziel ist ambitionierter als das vor Jahren ausgegebene Zwei-Grad-Ziel. Der Grund dafür ist, dass eine Erwärmung von zwei Grad für einige Staaten, etwa kleine Inseln, bereits katastrophale Folgen hätte. Die nationalen Pläne, die die Staaten im Vorfeld eingereicht haben, reichen maximal für eine Begrenzung auf 2,7 bis drei Grad. Deswegen müssen die Ziele regelmäßig angepasst werden.

5. Gibt es zeitliche Vorgaben, wann die einzelnen Ziele erreicht werden sollen?

Jahreszahlen wurden nicht festgelegt. In der zweiten Jahrhunderthälfte soll eine Balance zwischen der Emission und dem Abbau von Treibhausgasen – etwa durch Aufforstung – erreicht werden. De facto wären fossile Energieträger dann kaum noch nutzbar.

6. Wie sehen Umweltorganisationen das Klimaabkommen?

Sie werten den Vertragstext grundsätzlich als starkes Signal zur Abkehr von den fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Gas, hätten sich aber früheres Handeln und mehr konkrete Verpflichtungen für die einzelnen Staaten gewünscht. Kritisiert wird, dass man erst im Laufe der zweiten Jahrhunderthälfte den Ausstoß an Emissionen auf null senken will. „Das wäre so, als ob man sich jetzt dazu entschiede, die Stromkosten zu senken, aber erst in einem Jahr das brennende Licht in der Wohnung abdreht“, sagte Adam Pawloff, Klima- und Energiesprecher von Greenpeace in Österreich. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2015)

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