Türkei: Sieben Tote bei Kämpfen zwischen Kurden und Polizei

Ein Kämpfer geht an einer Straßensperre in Diyabakir vorbei.
Ein Kämpfer geht an einer Straßensperre in Diyabakir vorbei.APA/AFP/ILYAS AKENGIN
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Mehr als 10.000 Anrainer haben die Stadt Diyarbakir verlassen. Seit Wochen liefern sich Kurden und Sicherheitskräfte heftige Kämpfe.

Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten in der südosttürkischen Kurdenhochburg Diyarbakir sind nach Angaben aus Sicherheitskreisen am Montag zwei Menschen erschossen worden. Die Demonstranten seien bei Protesten gegen eine Ausgangssperre von Kugeln getroffen worden, hieß es aus informierten Kreisen. Mindestens zwei weitere Menschen seien verletzt worden. Aus Sicherheitskreisen verlautete zudem, in der nahegelegenen Provinz Mardin seien fünf kurdische Aufständische getötet worden. 

Die Zusammenstöße ereigneten sich am Vormittag, als mehrere hundert Menschen versuchten, ins Stadtviertel Sur vorzudringen. Wie auf von der Nachrichtenagentur DHA verbreiteten Bildern zu sehen war, setzten Sicherheitskräfte Tränengas und Wasserwerfer gegen Demonstranten ein. Jugendliche errichteten Barrikaden und warfen Steine.

Angesichts der Kämpfe haben bereits mehr als 10.000 Anrainer das Viertel verlassen, sagte ein Sprecher des Menschenrechtsvereins (IHD) in Diyarbakir einer Presse-Agentur am Montag. Die vor mehr als einer Woche verhängte Ausgangssperre sei noch immer in Kraft und die Kämpfe dauerten an. Auch türkische Medien berichteten von Tausenden, die wegen schwerer Gefechte auf der Flucht seien. Gebäude in Sur wurden stark beschädigt, wie auf Bildern zu sehen war. Ein Anrainer sagte, sie hätten im Viertel seit Tagen kein Wasser und Strom. Lebensmittel seien knapp.

Neue Ausgangssperren im Südosten

Zudem haben die türkischen Behörden am Montag auch für zwei weitere Bezirke im kurdischen Südosten Ausgangssperren verhängt. Während der Ausgehverbote in Cizre und Silopi ab Montagabend sollten Straßensperren und Gräben der kurdischen Rebellengruppe PKK beseitigt werden, teilten die Behörden laut Medienberichten mit. Mehrere hundert Lehrer an staatlichen Schulen in den betroffenen Bezirken verließen die Gegenden wegen der erwarteten Gefechte.

In mehreren Regionen des türkischen Kurdengebietes liefern sich Sicherheitskräfte und Mitglieder der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) seit Monaten wieder heftige Kämpfe. PKK-Anhänger errichteten an mehreren Orten Straßensperren und hoben Gräben aus, um Polizei und Armee den Zugang zu verwehren. Häufig wurden deshalb in jüngster Zeit örtlich begrenzte Ausgehverbote verhängt. Die Behörden begründen dies mit dem notwendigen Schutz der Zivilbevölkerung während des Vorgehens gegen die PKK-Blockaden. Kritiker werfen Polizei und Armee dagegen Menschenrechtsverletzungen vor.

Der Friedensprozess zwischen dem türkischen Staat und der PKK mit dem Ziel einer politischen Lösung des seit 1984 andauernden Kurdenkonflikts war im Sommer kollabiert. Seitdem sind bei Gefechten und Anschlägen mehrere hundert Menschen getötet worden.

(APA/dpa)

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