Dossier.at wegen Bericht über Asyl-Missstände verurteilt

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Die Recherche-Plattform zeigte Missstände in Asylquartieren auf. Ein Gericht im Burgenland verurteilte Dossier.at wegen Besitzstörung.

Die Recherche-Plattform Dossier.at wurde wegen ihrer Berichterstattung über Missstände in Asylquartieren nun einem Fall wegen Besitzstörung rechtskräftig verurteilt. Dossier muss wegen der Recherchen in einem Gasthof im burgenländischen Ort Pama rund 2000 Euro an Strafe inklusive Verfahrenskosten zahlen, berichtet DerStandard.at.

Dossier wurde von Asylwerbern ins Haus gelassen, danach konfrontierten Journalisten der Recherche-Plattform den Unterkunftgeber mit beobachteten Missständen wie Schimmel, verdreckten Matratzen, Sofas und Kästen sowie unzureichender Stromversorgung.

Dossier hätte dadurch eine "journalistische Taktik" an den Tag gelegt, die gegen die Eigentumsfreiheit laut Paragraf 354 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs verstoße, urteilte das Landesgericht Eisenstadt in seinem Spruch. "Dieser könnte durchaus auf andere Recherchen im Asylquartier-Bereich übertragbar sein", warnte Dossier-Chefredakteur Florian Skrabal.

Gasthofbesitzer klagte

Insgesamt untersuchte Dossier über 100 Asylquartiere im Burgenland, in Niederösterreich und in Salzburg. Die Unterkunft in Pama schnitt dabei am schlechtesten ab. Der Gasthofbesitzer reichte Klage gegen Dossier ein. Die Zustände in der Unterkunft waren in dem über zwei Instanzen reichenden Verfahren am Bezirks- und Landesgericht allerdings kein Thema.

Die Richter setzten sich vielmehr mit der Frage auseinander, ob Asylwerber wie normale Mieter das Recht haben, in ihren Quartieren Besucher zu empfangen, ohne den Beherberger zu informieren. Das Landesgericht Eisenstadt entschied nein.

"Asylwerber gehalten wie in einem Gefängnis"

Dossier-Anwalt Alfred Noll sprach deshalb im Ö1-"Mittagsjournal" von einem Skandal. "Das Urteil führt dazu, dass Asylwerber dort gehalten werden wie in einem Gefängnis." Empört zeigte sich Noll auch darüber, dass für einen Besuch die Erlaubnis des Innenministeriums einzuholen sei, was von der Justiz mit dem Spruch uneingeschränkt anerkannt worden sei. "Dies Regelung ist unzumutbar und auch menschenrechtswidrig", glaubt der Anwalt. Menschen, dies sich rechtmäßig in Österreich aufhalten, hätten wie jeder andere das Recht, Freunde, Bekannte oder auch Journalisten nach Hause einzuladen.

Die Dossier-Macher führen neben dem Besuchsrecht der Asylsuchenden auch die Freiheit der Presse und ein erhöhtes öffentliches Interesse an menschenunwürdigen Zuständen in Asylquartieren ins Treffen. Die Recherche-Plattform prüft derzeit rechtlich, ob gegen das Urteil noch ein außerordentlicher Rekurs möglich ist.

(APA)

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