Konjunktur: Optimismus wird wieder salonfähig

Der IWF schraubt seine Prognosen für 2010 nach oben, warnt aber vor steigender Arbeitslosigkeit.

Bodrum/Wien (ag.). Es mag am Sommer liegen, aber schenkt man den Ergebnissen einer Umfrage des Linzer Meinungsforschungsinstituts Market Glauben, so sehen die Österreicher ihre wirtschaftliche Zukunft weit optimistischer als noch vor wenigen Monaten. Demnach gaben nur 38 Prozent der Befragten an, dass sie eine Verschlechterung der Wirtschaftslage erwarten. Bei einer Umfrage im vorigen Oktober outete sich noch jeder Zweite als „Wirtschaftspessimist“.

Tatsächlich scheinen die Österreicher mit ihrer Einschätzung gar nicht so falsch zu liegen. Insbesondere in den USA deuten etliche Frühindikatoren auf eine beginnende Entschärfung der Rezession hin. So haben letzte Woche erstmals seit Jahresanfang weniger Amerikaner erneut um Arbeitslosenhilfe angesucht.

Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet mittlerweile eine raschere Erholung der Weltwirtschaft. IWF-Vizechef John Lipsky stellte für kommenden Juli eine Anhebung der bisherigen IWF-Prognose für 2010 in Aussicht. Zuletzt rechnete der IWF mit einem Plus von 1,9 Prozent. Und obwohl Europa nach Einschätzung der meisten Experten langsamer als die USA und China aus dem Tal finden wird, sichtete auch die EU am Freitag erste Zeichen für eine „nachhaltige Wirtschaftserholung“.

EU gegen Konjunkturpakete

Die Frage, die sich alle Ökonomen stellen, ist jedoch, ob wir nun bereits den Beginn des Wachstums oder aber nur eine Verlangsamung der Rezession erleben. Lipsky warnte trotz der jüngsten Daten vor allzu großem Optimismus. Die Belebung in den Industrieländern werde nur schrittweise erfolgen und das Wachstum der Schwellenländer gering ausfallen. Die logische Folge sei eine weltweit steigende Arbeitslosigkeit.

Denn während Ökonomen über ein mögliches Ende des Abschwungs diskutieren, sind die Auswirkungen der Krise bei den Menschen noch nicht angekommen. Selbst in Frankreich, wo nationale Statistiker schon für das vierte Quartal 2009 mit einem Ende der Rezession rechnen, werden bis Jahresende vermutlich 592.000 Menschen ihren Job verlieren. Auch Österreich steht eine Kündigungswelle möglicherweise noch bevor. Und das ist den Menschen hierzulande offenbar bewusst. Laut Market-Umfrage rechnen nur 60 Prozent damit, dass sie von der Krise verschont bleiben. Zuletzt wähnten sich noch knapp 70 Prozent außerhalb der Schusslinie.

Die Industriestaaten müssten die Wirtschaft daher zumindest bis Mitte 2010 weiter mit zusätzlichen Ausgaben stimulieren, rät Lipsky. In der EU sieht man das gänzlich anders: Das „nahende Ende der Rezession“ mache zusätzliche Staatshilfen unnötig, hieß es am Freitag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2009)

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