Seehofer: „Ich gebe nichts auf“

Bavarian Prime Minister and head of the CSU Seehofer makes a speech at the CDU party congress in Karlsruhe
Bavarian Prime Minister and head of the CSU Seehofer makes a speech at the CDU party congress in Karlsruhe(c) REUTERS (RALPH ORLOWSKI)
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Kein Land könne unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen, mahnte der bayerische Ministerpräsident auf dem Parteitag der CDU.

Karlsruhe/Berlin. Horst Seehofer ist ein Anpassungskünstler – mit gutem Schmäh und einem Hang zur Stichelei. Der Chef der bayerischen CSU kann milde, gar handzahm sein, genauso wie lautstark und reißerisch. Auf dem Parteitag seiner politischen Schwester, der CDU, ließ er den brüllenden Löwen zu Hause, mit seinen Ansichten hielt er dennoch nicht hinterm Berg.

Delegierte hatten den Gastauftritt des bayerischen Widerparts mit Spannung erwartet. „Für meine Verhältnisse ist das hier ein freundlicher Empfang“, scherzte Seehofer über den milden Applaus. Ende November lud der Ministerpräsident Merkel zum Parteitag der CSU und düpierte sie dort auf offener Bühne. Die Kanzlerin, merklich sauer, verließ den Saal. Die von ihm geforderte Obergrenze für Flüchtlinge gab es mit ihr damals nicht – genauso wenig wie heute.

Die CDU hat sich in der Frage aber bewegt und sich auf ihrem Parteitag zu einer spürbaren Reduzierung von Asylwerbern durchgerungen. „Ich bin froh über die Grundbotschaft“, sagte Seehofer am Dienstag. Nachsatz: „Ich gebe nichts auf.“ Ob Kontingent, Obergrenze, Rückführung oder Reduzierung, so Seehofer, seine Erfahrung zeige ihm, dass „die Bevölkerung allein die Tatsache interessiert, ob es uns gelingt, die Zahlen spürbar zu reduzieren“. Deswegen werde das kommende Jahr nicht einfacher als 2015. Nach wie vor kämen tagtäglich rund 5000 Asylwerber in Bayern an. Am Ende werde über die Anzahl der Flüchtlinge politisch abgerechnet, mahnte der CSU-Chef. Er sei daher überzeugt, dass „unsere Anhänger von uns erwarten, dass wir das große Thema vernünftig und klug lösen“. Er sage das nicht als Kassandra, so Seehofer, aber: Es gebe kein Land auf dieser Erde, das unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen kann. Auch Deutschland könne eine Aufgabe in dieser Größenordnung nicht dauerhaft bewältigen.

Merkel als „großartige Kanzlerin“

Seehofer versuchte in der gut einstündigen Rede den Spagat zwischen einer Versöhnung der Unionsparteien und seinen eigenen Standpunkten zu schaffen. Er lobte Merkel als „großartige Kanzlerin“ und ihren Pressespiegel, der ihm in seiner Karriere nie vergönnt war. Am Tag zuvor hatte die CDU-Vorsitzende eine der eindringlichsten Reden ihrer Karriere gehalten und damit jene Delegierten der Partei versöhnt, die mit der Linie der Kanzlerin nicht mehr zufrieden waren.

Von ihrem „Wir schaffen das“-Mantra ist Merkel öffentlich aber kaum abgerückt. Seit einigen Monaten vollzieht Deutschland dennoch eine innenpolitische Kehrtwende. Gleich zweimal wurde das Asylrecht nachgeschärft. Seehofer stand stets als treibende Kraft dahinter. Vorerst scheint der Bayer also milde gestimmt, doch sein nächster Rundumschlag kommt bestimmt. (nst)

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2015)

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