Klimadebatte: Wie war das damals, 2015?

Zurück von der Pariser Klimakonferenz: Drei Millionen Tonnen Treibhausgase weniger pro Jahr.

Zu dem Klimagipfel in Paris zählten neben den eigentlichen Verhandlungen auch hunderte Vortragsveranstaltungen zu naturwissenschaftlichen, wirtschaftlichen und ethischen Fragestellungen. Einige Seminare widmeten sich dem Konzept des globalen Kohlenstoffbudgets.

Dies ist eine wichtige naturwissenschaftliche Grundlage der Klimadiskussion. Es besagt, dass die globale Erwärmung in diesem Jahrhundert nur dann unter zwei Grad Celsius bleiben wird, wenn weltweit eine klar definierte Menge an C02-Emissionen nicht überschritten wird. Legt man diese Menge linear auf Jahre und Einwohner um, so muss Österreich seine Emissionen bis 2030 um 60 Prozent und etwa bis 2045 auf null herunterfahren. Will man die Erwärmung auf 1,5° C beschränken, so muss der Ausstieg aus der fossilen Energie noch viel früher erfolgen. Der EU-Beschluss von minus 40 Prozent bis 2030 ist nicht ausreichend.

Die politische Herangehensweise war in Paris gänzlich anders als in Kyoto oder Kopenhagen. Keine Reduktionsvorgaben von oben, sondern alle Länder wurden zeitgerecht eingeladen, eigene Reduktionsziele vorzuschlagen. 187 Länder haben solche Vorschläge eingebracht. Dies ist ein Erfolg, wenn auch diese Vorschläge schwer zu vergleichen, sehr unterschiedlich und unzureichend sind. Denn sie würden zu einer globalen Erwärmung von 2,7 bis 3,0°C führen.

Doch das Ergebnis von Paris sieht Sanktionen nicht vor. Es basiert auf der Eigenverantwortung der Länder. Die gesetzten Ziele können daher nur erreicht werden, wenn möglichst viele Länder möglichst rasch ihre Emissionen so stark senken, wie dies aus naturwissenschaftlicher Sicht notwendig ist. Dabei kommt Vertretern der Wirtschaft eine zentrale Rolle zu.

Viele Wirtschaftsführer verlangten in Paris von der Politik, salopp formuliert: „put a price on carbon.“ Langfristig stabile Rahmenbedingungen und höhere Preise der fossilen Energien sind eine zentrale Voraussetzung für Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Dabei ist eine Kohlenstoffabgabe dem Emissionshandel vorzuziehen, weil sie im Gegensatz zum Emissionshandel alle Energiekonsumenten erreicht.

Nun kurz ein Wort zur ethischen Dimension der Debatte. Die Entscheidungen von heute bestimmen die Lebensverhältnisse der kommenden Generationen. Vorausdenken und Verantwortung sind Schlüsselbegriffe der Klimadebatte. Der Kampf gegen den Klimawandel erfordert ein Umdenken, ja einen Kulturwechsel: wie einst der Abschied von der Sklaverei in Nordamerika, so jetzt der Abschied von fossilen Energien. Wer kann heute noch verstehen, dass vor mehr als 200 Jahren Kriege darum geführt wurden, dass eine Gruppe von Menschen eine andere Gruppe von Menschen als Sklaven behandeln darf?

Wie war das damals, 2015?

Zu einem ähnlichen Umdenken muss es im Umgang mit fossilen Energien kommen. Schon in zehn, fünfzehn Jahren sollten wir uns rückblickend fragen, wie es möglich gewesen ist, dass 2015 noch Ölheizungen installiert, beworben, mit Effizienzprämien und Geld gefördert wurden, obwohl allgemein bekannt war, dass jede Ölheizung einen Schritt zur Beschleunigung des Klimawandels darstellt.

Für Österreich kann man daraus folgern – eine Klimaschutzabgabe auf fossil bedingte C02-Emissionen und ein Verbot neuer Ölbrenner, beschlossen schon 2016, sind wichtige erste Schritte auf dem Weg zu einer solidarischen Klimapolitik. Sie tragen dazu bei, dass Österreich jährlich seine Emissionen um drei Millionen Tonnen reduziert – und das 20 Jahre lang im Sinn des vorgegebenen Kohlenstoffbudgets.

So würde Österreich schrittweise zu einer fossilfreien Gesellschaft und zum Magneten für jene internationalen Hightech-Konzerne, die sich in Ländern ansiedeln wollen, die ihnen eine klimaneutrale Energieversorgung garantieren.

Der Autor ist Präsident des Weltbiomasseverbandes.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2015)

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