Das Einsatzkommando Cobra nahm in Salzburg einen Algerier und einen Pakistani fest. Beide waren mit einem der Paris-Selbstmordattentäter über Griechenland in den Schengen-Raum gereist.
Wien/Salzburg. Der Hinweis auf die Terrorverdächtigen kam vom französischen Geheimdienst – und er war stichhaltig: Bereits vorige Woche, am 10. Dezember, nahm das Einsatzkommando Cobra in einem Salzburger Flüchtlingsquartier zwei Männer fest, die gemeinsam mit einem der Paris-Attentäter am 3. Oktober über die griechische Insel Leros in den Schengen-Raum eingereist waren.
Die Identität der beiden nunmehr in Salzburg in U-Haft befindlichen Verdächtigen wird von der Staatsanwaltschaft geheim gehalten. Der Akt wird als Verschlusssache geführt. Laut verlässlichen „Presse“-Informationen handelt es sich um einen 28-jährigen Algerier und einen 34-jährigen Pakistani.
Bei dem Paris-Attentäter, mit dem die nun Verhafteten unterwegs waren, handelt es sich wohl um ein Mitglied jener Gruppe, die am 13. November vor dem Stade de France zuschlug. Sie bestand aus drei Selbstmordattentätern. Zur Erinnerung: Drei Kommandos der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) hatten nahezu zeitgleich die Konzerthalle Bataclan sowie Bars und Restaurants – und eben das Stade de France angegriffen. 130 Menschen starben, 352 wurden zum Teil schwer verletzt.
Laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Salzburg, Robert Holzleitner, sind die beiden Verdächtigen in einer Flüchtlingsunterkunft in Salzburg festgenommen worden; derzeit würden mögliche Zusammenhänge mit den Anschlägen in Paris geprüft. Sollte sich herausstellen, dass es sich bei den beiden festgenommenen Männern gar um Komplizen der Paris-Attentäter handelt, so ist es sehr wahrscheinlich, dass Frankreich auf Basis eines europäischen Haftbefehls die Auslieferung der beiden begehrt. In dem Fall darf man davon ausgehen, dass Österreich dem umgehend nachkommen würde. Französische Beamte waren bereits in Salzburg, um die beiden Inhaftierten zu befragen.
Asylanträge in Serbien gestellt
Geheim ist noch, in welchem Flüchtlingsquartier der Cobra-Zugriff stattgefunden hat. Das Asfinag-Gelände bei der Autobahnabfahrt Salzburg-Mitte, unweit der Grenze zu Freilassing, schließt der Pressesprecher der Stadt, Johannes Greifeneder, aus. Im dortigen Transitquartier werden nur jene Flüchtlinge versorgt, die nach Deutschland weiterreisen.
Auf dem Gelände sind noch zwei Quartiere eingerichtet: für Asylwerber, die noch keine fixe Unterbringung haben. Hinweise darauf, dass die beiden dort waren, gibt es keine. Wenn die beiden in einem dieser Quartiere waren, müssten sie einen Asylantrag gestellt haben. Egal, wo sie untergebracht waren (es gibt ja auch etliche Privatquartiere), spricht doch einiges dafür, dass sie Asyl haben wollten, da sie sich offenbar bereits wochenlang (also nicht nur auf der Durchreise) in Salzburg aufhielten. Zudem haben sie schon zuvor in Serbien Asylanträge gestellt.
Flüchtiger kannte Islamisten in Wien
Schon am 9. September war ein mutmaßlicher Paris-Attentäter, Saleh Abdeslam (26), in Österreich. Damals wurde der Franzose, der zuletzt in Belgien lebte, bei einer Routinekontrolle der Polizei registriert. Er war in Begleitung zweier Männer, durfte mit seinem belgischen Mietauto aber weiterfahren, da kein Haftbefehl vorlag. Nach ihm wird nach wie vor gefahndet.
Laut Informationen der „Presse“ kannte Abdeslam in Wien islamistische Kontaktleute. Ob er sich mit ihnen damals auch getroffen hat, ist derzeit jedoch unklar. Bei den Anschlägen soll er in Belgien einen schwarzen VW Polo gemietet haben, mit dem die Terroristen zur Pariser Konzerthalle Bataclan gefahren sind.
Indessen befinden sich weiterhin zwei andere IS-Terror-Verdächtige in der Salzburger Justizanstalt Puch-Urstein in Untersuchungshaft. Diese beiden Männer, zwei junge Syrer, sollen in Syrien für den IS gekämpft haben, einer soll sich an Gräueltaten beteiligt haben. Beide bestreiten die Vorwürfe.
Auch diese beiden Männer sind als Flüchtlinge nach Österreich eingereist. Sie befinden sich schon seit mehreren Wochen hinter Gittern. Es gibt allerdings keine Hinweise darauf, dass sie mit den Paris-Attentaten irgendetwas zu tun haben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17. Dezember 2015)