Dass sie wegen der vernichteten Hypo-Protokolle gerügt wird, bleibt für Griss unverständlich. Im Wahlkampf will sie ein Schiedsgericht.
Wien. Am Donnerstag ist sie von allen Parteien im Untersuchungsausschuss scharf kritisiert worden, weil die Hypo-Kommission alle Protokolle vernichtet hat. Am Freitag startete Irmgard Griss, einst Leiterin dieser Kommission und nun Bewerberin für das Bundespräsidentenamt, eine Gegenoffensive gegen die sie rügenden Politiker. „Was hat das mit Transparenz zu tun?“, fragte sie und griff sich bei ihrer Antrittspressekonferenz als Hofburganwärterin auf den Kopf.
Man habe ja transparent gemacht, zu welchen Ergebnissen der Bericht komme. Da sei es nicht nötig, Protokolle aufzuheben. Ihre Kommission sei auch kein Gericht gewesen, dessen Akten von einer Oberinstanz geprüft werden, sagte Griss. Aber alle Befragten würden noch leben, der U-Ausschuss könne diese Personen vorladen, wenn es Zweifel an ihrem Bericht gebe.
Im Übrigen habe sie schon am 18. März die zuständigen Stellen darüber informiert, dass man die Akten vernichtet habe. Es sei wohl kein Zufall, dass das Thema erst am Donnerstag, kurz bevor sie ihre Präsidentschaftskandidatur offiziell bekannt gab, hochgespielt wurde. „Ist das nicht traurig?“, fragte Griss – und kritisierte den Umgang der herrschenden Politik mit ihr.
In die Offensive ging Griss auch, indem sie ein von ihr entworfenes Transparenzabkommen vorstellte, dem sich alle anderen Kandidaten für das Bundespräsidentenamt anschließen mögen. Es beinhaltet etwa die Verpflichtung, keine große Reklame zu schalten und die Wahlkampfkosten mit einer Million Euro zu begrenzen. Wer sich nicht daran halte, solle von einem Schiedsgericht zu Geldstrafen verurteilt werden können.
Der Vorstoß von Griss ist nicht uneigennützig, muss sie doch mit einem geringeren Budget als Parteikandidaten auskommen. Sie selbst will Spenden sammeln und diese offenlegen. Eine Großspende hat sie bereits erhalten: Die Juristin Cattina Leitner überwies Griss 100.000 Euro. Die Spenderin ist die Frau Wolfgang Leitners, des Chefs der Andritz AG. Griss will für den Wahlkampf mindestens 500.000 Euro auftreiben. Von Parteien möchte sie kein Geld nehmen.
Neos-Hilfe ohne Empfehlung
Moralische Unterstützung wird Griss von den Neos bekommen, wie die Partei beschloss. So wollen die Pinken dazu aufrufen, Griss mit Unterschriften (6000 sind nötig) die Kandidatur zu ermöglichen. Eine Wahlempfehlung für Griss geben die Neos aber nicht ab.
Dass das mit dem nun bekannt gewordenen Vernichten der Hypoakten und dem Auftritt von Griss bei einem Hearing im FPÖ-Klub zu tun habe, wurde von Neos-Funktionären am Freitag dementiert. Man habe schon zuvor beschlossen, keine Empfehlung abzugeben, um Wähler nicht zu bevormunden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2015)