Iran: Die Revolte der Frauen

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Protestbewegung. Frauen stehen bei den Protesten im Iran an vorderster Front und zeigen sich entschlossen.
Generalstreik. Das Oppositionslager bereitet den Aufruf zu flächendeckenden Arbeitsniederlegungen vor.

Die Revolte in Teheran ist eine Revolte der Frauen. Roger Cohen, Kolumnist der US-Zeitung „New York Times“, berichtet in seiner Reportage aus der iranischen Hauptstadt, er habe seit Tagen beobachtet, wie Frauen „die weniger mutigen Männer aufstacheln“. Er habe selbst gesehen, wie Frauen von den Sicherheitskräften geschlagen wurden, nur um sich wenig später wieder den Protesten anzuschließen. „Warum sitzt ihr noch da?“, habe eine der Frauen einer Gruppe Männer zugerufen. „Steht auf! Steht auf!“
Die britische Starjournalistin Marie Colvin schrieb in einem Teil der gestrigen Ausgabe der „Presse am Sonntag“ über die 24-jährige Software-Programmiererin Mona. Sie hatte ihr erzählt, dass sie früher Angst gehabt habe, zu sprechen: „Ich dachte, wir seien eine kleine Minderheit.“ Jetzt wisse sie, dass sie tatsächlich einer Mehrheit angehöre. „Ich habe keine Angst mehr.“

Die Proteste, so sagen Organisatoren, seien durch die aktive Teilnahme vieler Frauen, besonders effektiv gewesen. Frauen seien entschlossener und hätten einen längeren Atem, hieß es in Internetsdebattenforen.

Besonderes Aufsehen hat ein Video auf der Internetplattform youtube.com erregt. Die verstörenden Bilder zeigen eine junge Frau, die auf der Straße im Sterben liegt. In einem begleitenden Text ist davon die Rede, dass die Frau namens Neda von einem Mitglied der paramilitärischen Basij-Miliz erschossen wurde. Die Echtheit des Videos und die Richtigkeit der Angaben können allerdings nicht beurteilt werden. Auf youtube. com wird heftig darüber debattiert, ob das Videomaterial tatsächlich authentisch ist.

Es ist im Moment auch kaum möglich, die genaue Zahl der Todesopfer der Unruhen vom Wochenende – an denen sich mindestens 3000 Menschen beteiligt haben – zu erfassen: In den staatlichen Medien ist von bis zu 13 Toten die Rede, auf der Internetplattform twitter.com schreibt „Persiankiwi“, dass es „Dutzende Tote“ gegeben habe, andere Quellen sprechen von über 100 Toten. Die Quelle „Persiankiwi“ hat sich in den vergangenen Tagen stets als zuverlässig erwiesen. „Persiankiwi“ ist allerdings eindeutig dem Lager der Opposition rund um den unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Mir Hussein Moussavi zuzuordnen.

(Die Presse, Printausgabe, 22. 6. 2009)

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