Warschau könnte das Stimmrecht auf EU-Ebene entzogen werden, warnt der EU-Ratspräsident. Die Rechtskonservatigen sorgen mit Gesetzesänderungen für Aufregung.
Die innenpolitischen Entwicklungen in Polen stoßen nicht nur bei der polnischen Bevölkerung selbst auf heftige Kritik. - am Wochenende waren in mehr als 20 polnischen Städten zehntausende Polen für Demokratie und gegen die seit Anfang November allein regierende Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS) auf die Straße gegangen. Auch EU-Spitzenpolitiker sind in den vergangenen Wochen hart mit den jüngsten Gesetzesänderungen sowie zahlreichen Wechsel an den Spitzen von Polizei, Behörden und Staatsunternehmen ins Gericht gegangen.
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn kritisiert den Rechtskurs der nationalkonservativen Regierung in Polen als "furchterregend". Die Angriffe der PiS auf Justiz und Medien erinnerten ihn an die Sowjetunion, sagte der EU-Ratspräsident am Montag im Südwestrundfunk (SWR). Polens neue Führung trete fundamentale europäische Prinzipien mit Füßen und müsse damit rechnen, dass die EU "viel schärfer" als bisher reagieren werde.
Asselborn sagte, falls die "Nacht-und-Nebel-Aktionen" anhielten, die Presse nicht mehr frei und die Justiz nicht mehr unabhängig arbeiten könnten, werde ein Punkt erreicht, an dem Warschau das Stimmrecht auf europäischer Ebene entzogen werden solle. Luxemburg hat noch bis Jahresende die EU-Ratspräsidentschaft inne. Erfreulich sei, dass anders als in Ungarn die Bevölkerung in Polen den Angriffen auf die Gewaltenteilung die Stirn biete, sagte Asselborn.
"Schlimmste Befürchtungen" bestätigt
Die polnische Regierung will unter anderem das Gesetz über das Verfassungsgericht ändern. Kritiker sehen darin einen Versuch, dessen Rechte zu beschneiden. Darüber hinaus soll die Direktoren-Wahl bei den öffentlich-rechtlichen Medien künftig stärker von der Warschauer Regierung beeinflusst werden.
Schon vergangene Woche hatte der EU-Politiker ein strengeres Vorgehen gegen Polen innerhalb der EU gefordert. "Wir dürfen nicht davor zurückscheuen, mit dem Finger auf diejenigen Länder zu zeigen, in denen Grundrechte und Verfassung mit Füßen getreten werden", sagte Asselborn. Wenn ein Land gegen die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit verstoße, müsse dies künftig im Ministerrat diskutiert werden.
Auch in Deutschland sorge die Politik der nationalkonservativen Regierung in Polen für Entsetzen, berichtete "Spiegel Online" vergangene Woche. "Was sich derzeit in Warschau abspielt, bestätigt unsere schlimmsten Befürchtungen", zitierte das Magazin ein namentlich nicht genanntes Kabinettsmitglied. Der Versuch, Einfluss auf Justiz und Presse zu nehmen, erinnere an den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban.
(APA/dpa/red.)