Von der Hypo bis zur Steuerreform: Hans Jörg Schelling, seit September 2014 im Amt, ist ein Finanzminister mit viel Gestaltungswillen. Die großen Herausforderungen stehen ihm allerdings erst bevor.
Eines ist sicher: Ein Finanzminister, der es allen recht machen will, ist Hans Jörg Schelling nicht. Der frühere Unternehmer, vor etwas mehr als einem Jahr von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner in die Regierung geholt, hat seine Ecken und Kanten. Und er hat, finanziell von der Politik unabhängig, keinerlei Hemmungen, seinen Standpunkt offensiv zu vertreten – egal, wem er damit auf die Zehen tritt.
Dass er derzeit mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer in Sachen Pensionsreform auf Konfrontationskurs ist, mag da noch wenig verwundern. Am Koalitionspartner haben sich schon weniger Mutige abgearbeitet. Schelling hat aber auch schon seine eigene Organisation, die Wirtschaftskammer, rüde behandelt, indem er sie in Sachen Registrierkasse als „Teil des Problems, nicht Teil der Lösung“ bezeichnete. Und er steht mit seiner eigenen ÖVP-Landesorganisation, den Niederösterreichern, dauerhaft auf Kriegsfuß.
Heiße Kartoffel Hypo angegriffen
Das hat ihm sogar eine unverblümte Drohung eingebracht, als er bei der Hypo-Nachfolgegesellschaft Heta den Zahlungsstopp verkündete, ohne den Ländern die daraus folgenden Haftungen abzunehmen. „Bei Philippi sehen wir uns wieder“, hatte der niederösterreichische Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka Richtung Wien gepoltert.
Gerade bei der Hypo hat sich aber gezeigt: Da ist jetzt ein Finanzminister mit Gestaltungswillen am Werk – während gleich drei seiner Vorgänger, nämlich Josef Pröll, Maria Fekter und Michael Spindelegger, die Hypo wie eine heiße Kartoffel vor sich her geschoben und durch die Nichtlösung des Problems den Schaden für die Kärntner Bank nochmals vergrößert haben. Ob Schelling damit erfolgreich war, wird sich allerdings erst im kommenden Jahr zeigen. Wenn es dem Land Kärnten gelingt, den Gläubigern die Hypo-Anleihen mit Abschlag abzukaufen, könnte es gut sein, dass Schelling den Steuerzahlern ein paar Milliarden Euro erspart hat. Wenn nicht, könnten die Schulden letztendlich wieder beim Bund landen.
Über die Bühne gebracht hat der Finanzminister im Vorjahr die Steuerreform, wobei er dabei sein wichtigstes Ziel erreicht hat: die von der SPÖ gewünschten Vermögensteuern zu verhindern. PR-mäßig ist die „größte Steuerreform der Zweiten Republik“ allerdings eher danebengegangen. Denn diskutiert wird weniger darüber, wie viel den Österreichern ab kommendem Jahr mehr im Börsel bleibt, als vielmehr über die negativen Auswirkungen: Die Registrierkassenpflicht sorgt in der Wirtschaft ebenso für Unmut wie die höhere steuerliche Belastung beim Vererben von Immobilien.
Die großen Bewährungsproben stehen Schelling noch bevor. Erstens muss er im kommenden Jahr das angepeilte Nulldefizit erreichen – und zwar tatsächlich, und nicht so wie Vor-Vor-Vor-Vor-Vorgänger Karl-Heinz Grasser in Form eines PR-Gags, indem alle Reserven zusammengekratzt werden, um ein einziges Mal auf null zu kommen. Zweitens muss die Strategie bei der Hypo aufgehen. Formal ist beim Anleihe-Rückkauf zwar das Land Kärnten zuständig, der Masterplan kommt aber ganz offensichtlich von Schelling. Und der wird politisch daran auch gemessen.
Drittens wird sich zeigen, ob Schelling sein spannendstes Projekt gelingt: Die Umstellung des Finanzausgleichs mit Ländern und Gemeinden. Die Bundesländer sollen, so der Plan, Steueranteile des Bundes nicht mehr pro Kopf, sondern entsprechend ihrer Aufgaben erhalten. Dafür sprechen sich im Prinzip alle aus, der Teufel steckt aber im Detail.
Offen ist auch, ob die Bundesländer in dem Zusammenhang einen Teil der Steuerhoheit erhalten. Schelling ist dafür, einige ÖVP-geführte Bundesländer auch. Sie wären dann nicht nur fürs Geldverteilen, sondern auch fürs Einheben verantwortlich – eine Systemumstellung mit weitreichenden Konsequenzen. Verhandlungspartner Hans Jörg Schellings wird da übrigens auch Wolfgang Sobotka sein. Es könnte zumindest ein symbolisches Philippi werden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2015)