Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hat ein Jahr ohne Pannen hinter sich gebracht. Ein Teilerfolg, aber noch lange kein Triumph. Denn auch 2016 warten viele Probleme.
Für Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) gibt es zu Jahresende eine beruhigende Nachricht: Die Ressortchefin hat mit ihrer Performance heuer positiv überrascht – gemessen an den in sie gesetzten Erwartungen. Letzteres ist der bittere Beigeschmack. Denn die Erwartungen an Heinisch-Hosek waren nicht allzu hoch. So war 2015 zwar ein Jahr ohne große Triumphe, aber zumindest auch eines ohne nennenswerte Pannen. Ein Teilerfolg, der für die krisengeschüttelte Bildungsministerin gewissermaßen einer Rehabilitation gleichkommt.
Noch zu Jahresbeginn stand die Bildungsministerin in der Schusslinie – nicht nur ihr Image in der Öffentlichkeit war zerstört, sondern auch der innerparteiliche Rückhalt schien zu schwinden. Dazu hatten nicht nur die vielen Pannen gleich zu Amtsbeginn beigetragen, sondern auch Heinisch-Hoseks ungeschickter Umgang damit. Dadurch wurde aus der einstigen Hoffnungsträgerin der Sozialdemokraten eine Wackelkandidatin.
Lehrer drohten mit „Krieg“
Im Frühjahr nahm der Gegenwind, der Heinisch-Hosek entgegenschlug, noch einmal Fahrt auf: Dass die Bildungsministerin nicht ausschloss, die Lehrer zu einer höheren Unterrichtsverpflichtung zu vergattern, um ihr Budget zu sanieren, erzürnte die Lehrervertreter. „Wenn die Regierung diesen Kurs einschlagen will, gibt es Krieg“, warnte AHS-Lehrergewerkschafter Eckehard Quin. Die Erhöhung blieb aus. Und die Diskussion beruhigte sich.
Langsam begann Heinisch-Hoseks Ehrenrettung. Bei der Premiere der Zentralmatura im Mai erwartete nicht nur die skeptische Lehrergewerkschaft das komplette Versagen des Bildungsministeriums. Doch die Blamage blieb aus. Man hatte aus den Fehlern bei der Generalprobe 2014 gelernt – Verwirrungen um den Benotungsschlüssel in Englisch, eine umstrittene Textauswahl bei der Deutschmatura und fehlende Aufgaben in Mathematik. Diesmal sorgte selbst der Einbruch in einem Salzburger Gymnasium, bei dem die streng geheimen Pakete mit den Prüfungsaufgaben aufgerissen wurden, für keine große Verwirrung. Das Krisenmanagement funktionierte.
Damit war die erste große Hürde geschafft. Die nächste trug den Namen Bildungsreform. Und sie schien keineswegs leichter zu überwinden zu sein. Die Reform drohte zwischendurch sogar zu scheitern – und zwar Anfang Juli, als die Landeshauptleute ihre Macht demonstrieren wollten und Niederösterreichs Erwin Pröll (ÖVP) sowie Burgenlands Hans Niessl (SPÖ) die Arbeitsgruppe als Zeichen des Protests verließen. Sie befürchteten, dass sich der Bund die Macht über die Lehrer sichere und die Länder an Einfluss verlieren würden.
Schlussendlich wurde die Reform in letzter Minute – und zwar um fünf Uhr morgens am Tag der Präsentation – zum Abschluss gebracht. Der Applaus war verhalten. Das Ergebnis blieb weit hinter dem, was sich viele Experten erhofft hatten, zurück. Aber es war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Und allein das ist, wie Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) es selbst bezeichnenderweise ausdrückte, „keine Selbstverständlichkeit“ bei einem Thema, das die politischen Lager lange „auseinanderdividiert“ habe.
Budgetlücke ist problematisch
Mit dieser Einigung auf eine Punktation ist es aber noch nicht getan. 2016 müssen die Vorhaben in Gesetze gegossen werden. Eine neuerliche Prüfung für die Koalition. Denn auch wenn ein Kompromiss gefunden werden konnte, eine gemeinsame Linie im Bildungsbereich vertritt man noch lange nicht.
Neben den inhaltlichen werden die Bildungsministerin im neuen Jahr aber vor allem finanzielle Probleme beschäftigen. Denn das Budgetloch im Ressort wächst weiter. 2016 dürften 550 Mio. Euro fehlen. Sparen könne sie nicht, sagt die Ministerin. Denn der Großteil ihres Acht-Milliarden-Budgets sei durch die Lehrergehälter gebunden. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) überzeugt sie damit aber nicht. „Da spiele ich nicht mit“, ließ er ihr via „Presse“ ausrichten.
Vielleicht wird also auch im neuen Jahr die alte Diskussion über die Mehrarbeit für Lehrer geführt.
ZUR PERSON
Gabriele Heinisch-Hosek (54) ist seit Dezember 2013 Bildungsministerin. Zuvor war sie Frauenministerin im Bundeskanzleramt. Die gebürtige Niederösterreicherin ist ausgebildete Lehrerin für Hauptschulen und Sonderschulen für Gehörlose. Von 1985 bis 2002 unterrichtete sie.
Ihre zentralen Projekte. Die Umsetzung der Zentralmatura, die anfangs mit Pannen einherging. Und die Bildungsreform, über die im Jahr 2016 noch gestritten werden wird.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2015)