Bundespräsidentenwahl: Das Zögern vor der Hofburg

Irmgard Griss.
Irmgard Griss.(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Nach dem Frühstart von Irmgard Griss im Rennen um die Nachfolge von Heinz Fischer halten sich weitere Kandidaten offiziell bedeckt. Doch wer sie sind, ist längst ein offenes Geheimnis.

Wien. Eine will das Amt und gibt ihre Kandidatur frühzeitig bekannt. Andere wollen nur dann in die Wahl gehen, wenn sie diese auch sicher gewinnen – und ihre Kandidatur erst bekannt geben, wenn klar ist, wer ihre Gegenkandidaten sind. Rund um die Bundespräsidentenwahl ist eine heitere Geheimnistuerei ausgebrochen, die neben politischer Taktik auch sehr einfache Hintergründe hat: Ob die bisher genannten Kandidaten eine realistische Chance haben, die Wahl zu gewinnen, ist nach 2004 (Benita Ferrero-Waldner unterlag gegen Heinz Fischer) erstmals wieder offen. Auf Meinungsumfragen kann sich nach den Erfahrungen bei den jüngsten Wahlen keine Partei mehr verlassen.

Bisher hat nur Irmgard Griss bekannt gegeben, dass sie antritt. Die restlichen Kandidaten zögern noch: Einer ist der niederösterreichische Landeshauptmann, Erwin Pröll, der andere Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen. Pröll will sich im Jänner erklären. Offiziell, weil er noch Zeit braucht, um zu überlegen, ob er Niederösterreich wirklich verlassen will. Und wer ihm folgen könnte.

Dass die Tendenz bei Pröll in Richtung Ja geht, zeigt sich auch darin, dass in der ÖVP nicht über Alternativen diskutiert wird. Immer wieder fallen zwar auch die Namen von Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl und EU-Abgeordneten Othmar Karas. Aber das liegt mehr an der Fantasie vieler Funktionäre als an einem konkreten Plan B. Nominiert wird der Präsidentschaftskandidat in einer Vorstandssitzung Mitte Jänner.

Bei den Grünen wird die Entscheidung wohl in der dritten oder vierten Jännerwoche bekannt gegeben. Van der Bellen will offenbar das Angebot von Parteichefin Eva Glawischnig annehmen. Mit dem breitenwirksamen Professor hätten die Grünen eine ernsthafte Chance auf Platz eins. Last-Minute-Alternativen wären: die EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek oder Nationalratsmandatarin Gabi Moser.

Entscheidung über Weihnachten

Am wenigsten weit gediehen sind die Pläne der SPÖ. Sozialminister Rudolf Hundstorfer ist der Wunschkandidat der Parteispitze, hat aber Zweifel, ob die Wahl für ihn zu gewinnen wäre. Entscheiden wird er sich über Weihnachten. Für den Fall, dass er antritt, soll Hundstorfer bereits eine Bedingung gestellt haben: Er will Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina als Wahlkampfmanager.

Einen Plan B hat auch die SPÖ nicht. Die Namen von Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny, Ex-Kanzler Franz Vranitzky und Ex-Minister Rudolf Scholten sind gefallen, bald aber wieder verhallt. Seit Kurzem kursiert ein neues, allerdings sehr unwahrscheinliches Gerücht: Der burgenländische Landeshauptmann, Hans Niessl – seit dem rot-blauen Pakt im Juli Bad Guy der SPÖ-Linken –, könnte ins Rennen geschickt werden.

Die FPÖ zögert indessen noch, ob sie mit Rechnungshofpräsident Josef Moser oder mit dem Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer antreten soll. Oder sie verzichtet, weil ein Kandidat ihnen Zugeständnisse macht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2015)

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