Freda Meissner-Blau: Aus der Au ins Parlament

"Mit dem Kapitalismus wird es nicht gehen. Aus, Punkt", sagte Freda Meissner-Blau anlässlich ihres 85. Geburstages im März 2012. Klare Ansagen und Ziele waren ihr politischer Stil. Meissner-Blau, einstige "Galionsfigur" der österreichischen Grünbewegung, ist im Alter von 88 Jahren gestorben. Sie starb am Dienstagabend im privaten Kreis, hieß es seitens ihrer Familie.
Bild: Vor dem Parlament im Jahr 2011.

Die in Dresden Geborene wuchs in Nordböhmen auf, wurde vertrieben, studierte, kandidierte 1949 als Miss University, arbeitete für den Industriellen Friedrich Flick, der aus seiner Verstrickung mit dem NS-Regime nicht ganz heil herauskam.
Bild: Am 20. Februar 1986 hat Freda Meissner-Blau offiziell ihre Kandidatur für die Bundespräsidentenwahl bekanntgegeben. Wie sie dabei betonte, sei sie keine Partei-Kandidatin, auch nicht der Grünen.

Sie war im Kongo, als noch die Belgier eine strikte Kolonialherrschaft ausübten, dann arbeitete sie für die Unesco in Paris, als Generalsekretärin des neu gegründeten Instituts für Höhere Studien in Wien und heiratete den sozialistischen Gewerkschaftsjournalisten Paul Blau, der 1967 Chefredakteur des Parteizentralorgans „Arbeiter-Zeitung“ wurde. Durch die Erkenntnis der Probleme der Endlagerung von atomaren Rückständen geläutert, erwarb sich Meissner-Blau erste Bekanntheit durch ihren Kampf gegen die Inbetriebnahme des Atomkraftwerkes Zwentendorf, der 1978 durch eine Volksabstimmung zugunsten der Atomgegner entschieden wurde.
Bild: Die vier Präsidentschaftskandidaten (v.l.n.r.) Kurt Waldheim, Kurt Steyrer, Freda Meissner-Blau und Otto Scrinzi posieren am Wahltag, dem 4. Mai 1986, für das nationale Familienalbum.

Nach Blaus Pensionierung wurde er seiner hyperaktiven Ehefrau ein kongenialer Partner in Sachen Ökologie. Während die „Arbeiter-Zeitung“ (und auch „Die Presse“) noch unverdrossen für das Donaukraftwerk eintraten, kämpfte das Ehepaar schon längst an der Gegenfront. 1986 zog Freda Meissner-Blau an der Spitze der grünen Partei in den Nationalrat ein.
Im Bild die Grünen (1. Reihe v. l. n. r): Herbert Fux, Walter Geyer, Freda Meissner-Blau (2.Reihe v.l.n.r.), Josef Buchner, Peter Pilz sowie Manfred Srb und (links hinten) Andreas Wabl, anlässl. der konstituierenden Sitzung des Nationalrates nach den Wahlen 1986 am 17. Dezember 1986 im Wiener Parlament.

Unter dem Listennamen der Spitzenkandidatin "Freda Meissner-Blau" errangen die Grünen bei den Nationalratswahlen im Herbst 1986 acht Mandate. Die grünen Neoparlamentarier wählten Meissner-Blau zu ihrer Klubobfrau.
Im Bild: Freda Meissner-Blau bei der Konstituierung des grünen Parlamentsklubs in Wien am 17. Dezember 1986.

Freda Meissner-Blau bei der Konstituierung des grünen Parlamentsklubs in Wien mit Herbert Fux.

Sie schildert die Situation in ihrern Memoiren („Die Frage bleibt“, Amalthea 2014) über die Verhandlungen über die Hainburger Au: "Der arme Fred Sinowatz versuchte es so: ,Schaun S' einmal‘, sagte er, ,mach' ma doch einen Kompromiss.‘ Darauf ich: ,Mit der Natur können Sie keinen Kompromiss machen . . . Diese letzten sechzig Kilometer Donau lassen Sie der Natur und den Menschen.‘ Darauf sagte Sinowatz: ,Wenn dieser Bau nicht gelingt, dann geht nichts mehr in der Republik.‘"
Im Bild: Vertreter der Grünen Alternative nahmen am 13.03.1987 bei einer Pressekonferenz im Cafe Landtmann zum geplanten Neubau der Elektrolyse Ranshofen Stellung.

Im November 1988 überraschte Freda Meissner-Blau nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch ihre eigene Fraktion mit ihrem Rückzug aus der Politik. Sie argumentierte damit, ihr Ziel erreicht zu haben und nun Platz für andere machen zu wollen. Tatsächlich hatte ihre Entscheidung, aus dem Nationalrat auszuscheiden, auch ihre Ursachen in handfesten Meinungsverschiedenheiten zwischen ihr und anderen Protagonisten der Grünen Alternative.
Im Bild: Ihr Sohn Nicolas Pawloff tröstet sie bei ihrer Rückzugs-Pressekonferenz mit einem Blumenstrauß.

Immer wieder meldete sich Meissner-Blau danach zu Grün-Interna zu Wort, etwa 2008, als sie ihrer Nachfolgerin Eva Glawischnig im Streit mit Johannes Voggenhuber öffentlich den Rücken stärkte. Auch als Kritikerin von Glawischnigs Vorgänger Alexander Van der Bellen und dessen Abkehr von "urgrünen Themen" tat sie sich damals hervor.
Im Bild: Grün-Aktivist Guenther Nenning mit Freda Meissner-Blau am 8. Februar 1991.

Meissner-Blau überstand nicht nur einen schweren Autounfall, sondern musste sich 1999 auch einer Herztransplantation unterziehen. "So nah am Tod vorbeistreifen, eigentlich anstreifen, hat mich leben gelehrt", meinte Meissner-Blau danach.
Im Bild spricht Meissner-Blau zu den Festgästen anlässlich des 20-Jahr-Jubliäum der Grünen im Parlament im Jahr 2006.

Worum es ihrer Ansicht nach im Leben geht, schrieb sie in ihren im Vorjahr erschienenen Lebenserinnerungen. "Meine einzige Antwort ist: Das Leben. Das Leben selbst hat doch so viel Sinn." Sie selber spiele in der Geschichte keine Rolle, "wir alle fallen dem Vergessen anheim", so Meissner-Blau. "Ich denke, atmosphärisch hinterlassen wir etwas, nicht de facto."
Im Bild: Umweltdachverband-Präsident Gerhard Heilingbrunner, Freda Meissner-Blau, Humanökologe Bernd Lötsch und ÖVP-EU-Mandatar Othmar Karas am 5. Mai 2014 mit den Original-Tierkostümen aus dem Jahr 1984. Damals wurde mit der "Pressekonferenz der Tiere" das Konrad-Lorenz-Volksbegehren zum Schutz der Hainburger Au gestartet.

Im Bild: Die bisherigen Parteichefs der Grünen (v.l.) Peter Pilz, Madeleine Petrovic, Eva Glawischnig, Alexander Van der Bellen, Thomas Chorherr und Freda Meissner-Blau am 23. November 2011, im Rahmen einer Festveranstaltung mit dem Titel "25 Jahre Grüne - Demokratie in Bewegung" im Parlament in Wien.

Sie selber wollte sich anders als manche politische "Silberrücken" mit ihren Demokratiebegehren in den letzten Jahren nicht mehr in die erste Reihe stellen. Dies sei Aufgabe einer jüngeren Generation. "Es ist ihr Leben. Meines läuft ab", sagte Meissner-Blau an ihrem 85. Geburtstag.