Mehrere Plattformen fordern von der Bevölkerung Unterstützung. Ihr gemeinsames Anliegen: ein wirtschaftlich und politisch unabhängiger ORF.
Es sei so etwas wie „ein kleines österreichisches Wunder“, freute sich Wolfgang Langenbucher: Mehrere Plattformen haben sich zur Initiative „Gemeinsam für einen unabhängigen ORF“ (www.pro-orf.at) zusammengefunden. Es sei den einzelnen Bewegungen durch ihr Auftreten bereits „gelungen, den handstreichartigen Versuch des Bundeskanzlers, das ORF-Gesetz zu ändern“ und den Generaldirektor auszutauschen, zu verhindern, was, wie Langenbucher meinte, „politischer Dilettantismus der Sonderklasse“ gewesen sei. Am Montag präsentierten die Vertreter der Initiative nun ihre – „im Geiste des Bundes-Verfassungsgesetzes“ – formulierten Forderungen an das geplante neue ORF-Gesetz:
•PolitischeUnabhängigkeit – kein politischer Missbrauch: Es dürfe „kein Weisungsrecht für Politiker und Parteien“ geben – was allerdings nach bisher bekannt gewordenen Plänen so nicht angedacht war. Es gehe, so „Falter“-Chefredakteur und Mitinitiator Armin Thurnher, aber „um den Geist des Gesetzes“. Weiters wird gefordert, dass für Führungsposten und Gremien-Jobs im ORF künftig „objektive Befähigungsnachweise“ zu erbringen seien.
•Wirtschaftliche Unabhängigkeit – kein Missbrauch von Gebühren: Der Sender habe „im öffentlichen Eigentum zu bleiben“, so eine weitere Forderung. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist keine Ware, sondern ein öffentliches Gut, das wir in unserer Demokratie dringend brauchen“, meinte Attac-Sprecherin Karin Küblböck. Strukturreformen dürften „nicht dazu missbraucht werden“, eine Privatisierung des ORF oder von Teilen davon herbeizuführen. Die ORF-Gebühren müssten „zu 100Prozent für den ORF verwendet“ und „automatisch an die Preisentwicklung angepasst werden“, heißt es in der Punktation. Gebührenbefreiungen seien zu ersetzen. Voraussetzung sei eine „tief greifende Strukturreform des ORF“.
•Hohe öffentlich-rechtliche Programmqualität:Die Initiative fordert „mehr anspruchsvolle Programme zur besten Sendezeit, keine Unterbrecherwerbung“. Daniel Krausz (DOR-Film) kritisierte, dass sich die Filmschaffenden für die Valorisierung der ORF-Gebühren eingesetzt haben – das Geld dann aber nicht im erwarteten Maß in die Filmwirtschaft geflossen sei. Daher wird eine Quote für österreichische Filmproduktionen gefordert. Die Initiative ist für die Fortführung des Film- und Fernsehabkommens und für den Erhalt des Radiosymphonieorchesters.
Volksbegehren? Nicht ausgeschlossen!
Alexander Egit (Greenpeace) forderte die Bevölkerung auf, sich unter www.pro-orf.at als Unterstützer einzutragen. Man wolle einen E-Mail-Verteiler aufbauen und „die Debattenbeiträge den Menschen zukommen lassen“. Die Initiative fordert die Abhaltung einer parlamentarischen Enquete zum ORF (worüber heute im Hauptausschuss des Nationalrats entschieden werden soll). Thurnher, der sich augenzwinkernd als „Spezialist für Rettungen aller Art“ bezeichnete, kündigte an, dass „möglicherweise von dieser Plattform ein Gesetzesvorschlag kommt“. Sollten die Vorschläge der Regierung weit von den Vorstellungen der Initiative abweichen, werden „weitere Aktivitäten“ überlegt. Volksbegehren nicht ausgeschlossen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2009)