Andrä Rupprechter: Endlich auch die Welt retten

Umweltminister Andrä Rupprechter.
Umweltminister Andrä Rupprechter.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

2015 lief Andrä Rupprechter für das Weltklima, gegen das Russland-Embargo und gegen den Freihandel mit Amerika. Zum Teil mit Erfolg. Ganz sicher sitzt er dennoch nicht.

Wien. Es ist ein wenig ruhiger geworden um Andrä Rupprechter. Brachte sich der launige Tiroler im Ministerium für ein lebenswertes Österreich vor zwei Jahren noch selbst als Parteiobmann der ÖVP ins Gespräch, hielt er 2015 den Ball bei personalpolitischen Debatten lieber etwas flacher. Gewiss, die vergangenen zwölf Monate waren für den Landwirtschafts- und Umweltminister in Personalunion inhaltlich sicher aufreibender als die Zeit davor. Der vielleicht wichtigere Grund für die Zurückhaltung heißt jedoch Reinhold Mitterlehner. Rupprechter fehle der Draht zum neuen ÖVP-Chef, hört man. Immer wieder werden Gerüchte über eine Ablöse des Landwirtschaftsministers gestreut.

Fachlich ist der Agrarökonom zwar unumstritten, dennoch sind nicht alle im Bauernbund zu hundert Prozent zufrieden mit „ihrem Mann“ in Wien. Der 54-Jährige könne der geplanten Verjüngungskur seiner Partei zum Opfer fallen, heißt es. Spätestens, wenn Elisabeth Köstinger aus Brüssel nach Wien zurückkommt. Die EU-Parlamentarierin vereint fast alles, was sich die ÖVP derzeit auf diesem Posten wünschen kann: Sie ist 36 Jahre jung, eine Frau und als Vizepräsidentin des Bauernbundes auch ganz passend vernetzt.

Milch, Wurst und Uhudler

Dabei hat sich der Bauernsohn Andrä Rupprechter im Grunde nichts vorzuwerfen. Er tut genau das, was seine Rolle von ihm verlangt: Rupprechter verteilt hunderte Millionen Euro Fördergelder an die heimischen Landwirte – und ein paar Millionen extra an die, die am lautesten schreien. Etwa an die Milchbauern, die sich mit dem Auslaufen der EU-Milchquote im März 2015 erstmals auf dem freien Markt wiederfinden. Oder an die Schweinebauern, die nicht wissen, wohin sie ihre fetten Schweinebäuche liefern sollen, weil die EU den Handel mit dem Hauptabnehmer Russland aus politischen Gründen untersagt. Rupprechter mahnt die Handelsketten, ihren Kunden doch mehr regionale Produkte zu höheren Preisen zu verkaufen. Er lässt einen juristischen Kniff finden, um den burgenländischen Traditionswein Uhudler am Leben zu erhalten, obwohl die EU die Rebsorten per Ende 2030 nicht mehr zuzulassen will. Er lädt Kamerateams zur demonstrativen Brettljause, wenn die Weltgesundheitsorganisation warnt, dass Wurst das Krebsrisiko erhöht.

Rupprechter tut eben alles, was ein Landwirtschaftsminister in Österreich so tut.
Besondere Freude bereiten derartige Auftritte dem durchaus ambitionierten Politiker aber nicht unbedingt. Er bevorzugt die großen Bühnen, je internationaler, desto besser. Unter diesem Gesichtspunkt war das abgelaufene Jahr so gut wie kaum eines zuvor.

Glänzen mit Arnie

Da gab es Andrä Rupprechter, den großen Scharfmacher gegen das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA. Andrä Rupprechter, den scharfen Kritiker des Russland-Embargos der Europäer. Und nicht zuletzt: Andrä Rupprechter, den allseits geschätzten Gehilfen bei der Rettung des Weltklimas.

Die erste Dezemberhälfte auf dem Weltklimagipfel in Paris hat dem langjährigen ÖVP-Politiker, der sich selbst gern als halben Grünen bezeichnet, die Schlagzeilen und Bilder beschert, die sich jeder Umweltminister wünscht. Einmal mit dem amerikanischen Umweltapostel Al Gore kurz in die Kamera winken, eine viel beachtete Rede mit seinem Stargast Arnold Schwarzenegger halten. Stets umringt von Einheiten der Cobra, die kurz nach den Terroranschlägen in Paris gut auf den Minister aufpassen.

Und dann ist der Tiroler auch noch mittendrin, wenn sich erstmals fast alle Staaten der Welt zu einem gemeinsamen Klimapakt durchringen. Dass das Papier die Euphorie inhaltlich bei Weitem nicht rechtfertigt – geschenkt! Zumindest ein Anfang ist gemacht. Und mit dem rechten Glauben an das Gute in den Politikern und weltweit ein wenig gutem Willen kann man darauf durchaus aufbauen, sagt Rupprechter. Zurück in Österreich nimmt er sich – jetzt aber wirklich – die ökosoziale Steuerreform vor. Und wenn das in der Partei wieder einmal nicht so gut ankommt, wird es irgendwann vielleicht doch der Chefsessel in der alten Heimat Tirol.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Sie hat Polizei: Um die Schließung der Dienststellen ist es aber wieder ruhiger geworden. Das Asylthema überschattet alles.
Innenpolitik

Mikl-Leitner: Der Ton macht die Musik

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wählt in der Asylpolitik eine immer schärfere Tonart. Dass die Bundesländer mehr Quartiere schaffen müssen, hat sie aber schon 2014 gefordert.
Karmasin: �Neues Kindergeld-Konto bringt mehr Flexibilit�t, Fairness und Partnerschaftlichkeit f�r Eltern!�
Innenpolitik

Sophie Karmasin im Ressort der kleinen Schritte

Sophie Karmasin präsentierte erst kürzlich eine neuerliche Reform des Kindergeldes. Ein Teil der Arbeit der Familienministerin hat allerdings eher symbolischen Charakter.
Tausendundein Jobs. Die Folge: In seinen Stammressorts nimmt sich der Vizekanzler und ÖVP-Chef etwas zurück.
Innenpolitik

Reinhold Mitterlehner: Mehr Baustellen als freie Hände

Der Vizekanzler und ÖVP-Chef, Reinhold Mitterlehner, absolviert die Pflicht als Wirtschafts- und Wissenschaftsminister eher nebenbei. Viel Zeit für Grundsätzliches bleibt neben Asyldebatten und Präsidentschaftswahlen nicht.
Innenpolitik

Gerald Klug: Der Verwalter des Mangels

Der Verteidigungsminister ist nach einem vielversprechenden Start ins Abseits geraten und gilt als potenzieller Ablösekandidat im Falle einer Regierungsumbildung.
Linz oder Sozialministerium? Alois Stöger könnte ein Wechsel bevorstehen.
Innenpolitik

Alois Stöger: Der Infrastruktur-Verwalter auf dem Sprung

Für Infrastrukturminister Stöger war es ein ruhiges Jahr im neuen Ressort. Schlagzeilen gab es nur abseits der inhaltlichen Tätigkeit.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.