Autofahrer und Fluglinien sind die großen Gewinner

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Der Ölpreisverfall begünstigt vor allem die Luftfahrt und die Reisebranche, während Reedereien unter niedrigen Frachtraten leiden.

Wien. Einen Nuller vor dem Komma für einen Liter Sprit – das haben Autofahrer schon lange nicht mehr gesehen. In Spitzenzeiten musste man für einen Liter Diesel (!) 1,45 Euro hinblättern. Der Fall des Ölpreises auf fast die Hälfte des Werts vom Jahresanfang entlastet die Autofahrer sichtlich. Aber nicht nur sie: Weil auf der Transportwirtschaft insgesamt viel weniger Preisdruck lastet, spüren das generell Handel und Industrie. Denn 350 der in Summe 530 Tonnen an Gütern, die hierzulande transportiert werden, rollen in Lkw zum Kunden. Die Frächter selbst fühlen sich allerdings weniger entlastet, weil sie die niedrigere Tankrechnung an die Kunden weitergeben müssen.

Das erwarten zumindest teilweise auch Flugpassagiere – obwohl die Ticketpreise allen Unkenrufen zum Trotz wegen des starken Wettbewerbs ohnedies im Keller sind. Die Luftfahrtbranche zählt aber sicher zu den großen Gewinnern des niedrigen Ölpreises. Die Fluggesellschaften haben das abgelaufene Jahr mit einem Gewinn von insgesamt 33 Mrd. Dollar (30,2 Mrd. Euro) abgeschlossen – das ist laut dem Internationalen Luftfahrtverband IATA fast 90 Prozent mehr als 2014, als 17,3 Mrd. Dollar verdient wurden. Die Rekordgewinne der beiden letzten Jahre sind vor allem den deutlich geringeren Treibstoffkosten geschuldet, wobei die nordamerikanischen Fluglinien am meisten profitierten. Für heuer rechnet die IATA mit einem noch höheren Gesamtgewinn von 36,3 Mrd. Dollar – wenn der Ölpreis auf diesem niedrigen Niveau bleibt.

Airlines sichern sich üblicherweise mit Termingeschäften gegen Ölpreisveränderungen ab. Dieses Hedging kann daher – bei gegenläufiger Entwicklung – auch ins Auge gehen. Aber die Kosten für diese Hedgings werden jetzt auch deutlich niedriger.

Besonders begünstigt das billige Kerosin die Billigfluglinien, bei denen die Tankrechnung 40 Prozent der Gesamtkosten ausmacht. Bei „klassischen“ Airlines sind es immer noch rund 30 Prozent. Das ist ein ordentlicher Brocken: Die Lufthansa-Gruppe, zu der neben Swiss auch die AUA und (teilweise) Brussels Airlines gehören, schätzt, dass ihre Ausgaben für Flugzeugsprit im Vorjahr „nur“ noch bei 5,7 Mrd. Euro gelegen sein dürften – 300 Mio. Euro weniger als noch zu Jahresmitte erwartet. Im Sog der Flugtickets werden auch Reisen günstiger – bzw. werden die Preise stagnieren, weil die übliche Verteuerung gebremst wird.

Jubeln müsste eigentlich auch die Containerschifffahrt – sie tut es aber nicht: Denn die wegen der flauen Konjunktur eingebrochenen Frachtraten machen den Reedereien extrem zu schaffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.01.2016)

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