Polen. Mit einem neuen Mediengesetz will die rechtsnationale Regierung in Warschau nun Fernsehen und Hörfunk unter ihre Fittiche bringen.
Brüssel/Warschau. Mit wachsender Sorge blicken die europäischen Partner auf das innenpolitische Geschehen in Polen, wo die seit dem Spätherbst mit absoluter Mehrheit regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) immer mehr Institutionen in Staat und Gesellschaft unter ihre Kontrolle zu bringen versucht. Wie einst Wladimir Putin 2000 beim Aufbau seines autokratischen Systems in Russland nimmt die PiS-Regierung unter ihrem starken Mann, Jarosław Kaczyński, als eine vordringliche Maßnahme die staatlichen Medien ins Visier. Am Silvestertag billigte nach dem Unterhaus (Sejm) auch der Senat ein neues Mediengesetz, das die öffentlich-rechtlichen Medien in „nationale Kulturinstitute“ umwandelt und dem Minister für Staatsvermögen unterstellt, um so der Regierung die Kontrolle über wichtige Personalentscheidungen zu geben.
Gegen dieses Gesetz haben nicht nur internationale Journalistenverbände protestiert, sondern auch die EU-Kommission in Brüssel. Der erste Vizepräsident Frans Timmermans schrieb in einem Brief an den polnischen Außenminister, Witold Waszczykowski, von einem „Weckruf“, forderte Information darüber, ob die Gesetzesänderungen mit EU-Recht vereinbar seien, und erinnerte die Regierung in Warschau an „die Notwendigkeit, die Vielfalt der Medien zu fördern“.
Schon die parteipolitischen Manöver der neuen polnischen Regierung rund um das Verfassungsgericht, das laut Kritikern in seiner Arbeit nun dauerhaft blockiert sein könnte, haben international zu vielen besorgten Stellungnahmen und national zu Protestdemonstrationen in mehreren Städten des Landes geführt. Offenbar, so die Befürchtung, wolle die rechtsnationale Regierung ein PiS-dominiertes, autokratisches System in Polen installieren.
Der polnische Präsident, Andrzej Duda, ebenfalls ein PiS-Mann, rief in seiner Neujahrsansprache seine Landsleute zur Einheit auf und forderte sie auf, „trotz unterschiedlicher Meinung miteinander zu sprechen, einander zuzuhören und sich gegenseitig zu respektieren“. Er selbst hat freilich schon viele Polen enttäuscht, weil er alle umstrittenen Initiativen, die von Kaczyński kommen, ohne Hinterfragung absegnet. (DPA, Reuters)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.01.2016)