Kampf gegen illegalen Holzhandel in Rumänien

Offiziell werden 17,9 Mio. Kubikmeter Rundholz produziert – inoffiziell weitaus mehr.
Offiziell werden 17,9 Mio. Kubikmeter Rundholz produziert – inoffiziell weitaus mehr.(c) Clemens Fabry
  • Drucken

In Rumänien ist die illegale Holzgewinnung ein großes Thema. Der österreichischen Firma Schweighofer wird Mitschuld an der Raubwirtschaft in Siebenbürgens Wäldern gegeben. Der Firmenchef bestreitet alle Vorwürfe.

Wien. Holzindustrie Schweighofer. Der Name des österreichischen Unternehmens klingt im rumänischen Siebenbürgen wie eine Kriegserklärung. Wie im Krieg verhalten sich auch viele Umweltschützer, um zu verschleiern, dass es ihnen um die Auseinandersetzung mit dem Eindringling aus dem kapitalistischen Westen geht.

Die Fakten sind schnell erzählt. Zwei Drittel der letzten Wildnisse Europas liegen in Rumänien und sind akut gefährdet. Seit 2010 sollen 280.000 Hektar unberührte Wälder verschwunden sein. Jährlich werden im Balkanland 17,9 Millionen Kubikmeter Rundholz mit Genehmigung produziert.

Inoffiziell sind es aber um fast genau die Hälfte mehr. Denn in den Wäldern Siebenbürgens geht der Holzklau um. Gratiela Gavrilescu, Umweltschutzministerin der inzwischen gestürzten Regierung Ponta, hatte den finanziellen Verlust des Landes – zusätzlich zu den Flurschäden – mit 250 Millionen Euro beziffert.

Im Juni gründete Bukarest eine „Waldwacht“. Eine von Umweltschützern als halbherzig kritisierte Maßnahme: Neu war nur der Name, denn schon vorher sollten 460 Aufseher über die Bäume wachen, vor denen der rumänische Wald kaum zu sehen war. Jetzt sind es halt 620 „Waldwächter“ – und der Diebstahl geht beinahe unvermindert weiter. Kein Wunder, denn sie müssen pro Kopf immerhin noch über 12.000 Hektar Wald wachen. Vorher waren es je 16.000 Hektar. Ebenfalls im Juni publizierte Präsident Klaus Johannis eine Änderung des Waldgesetzes, der ein Hickhack zwischen dem Staatsoberhaupt und der Regierung vorausgegangen war. Nachdem Johannis die Novelle ohne Unterschrift ans Parlament zurückgeschickt hatte, warf Ministerpräsident Victor Ponta dem deutschsprachigen Johannis indirekt vor, von Schweighofer umgarnt worden zu sein. Die Abgeordneten beharrten auf der Novelle – und der Präsident gab nach. Die Affäre war von Dutzenden Demonstrationen gegen Schweighofer begleitet.

Angriffe gegen Schweighofer

Bei einer Pressekonferenz in Wien erhoben Umweltschützer schwere Vorwürfe gegen das österreichische Unternehmen. Die Veranstalter – die amerikanische Environmental Investigation Agency, der WWF und die Bukarester Organisation Agent Green – präsentierten ihrer Meinung nach Beweise, wonach Schweighofer in seinen fünf rumänischen Verarbeitungsbetrieben auch illegal gefällte Bäume übernehme. Es wurde ein Video vorgeführt, das einen angeblich aus einem Nationalpark kommenden Lkw zeigte, als dieser in ein Schweighofer-Lager einfuhr. Laut Polizei habe der Lkw keine Transportgenehmigung gehabt.

Die Vorwürfe wurden von Firmenchef Gerald Schweighofer ausführlich bestritten. Weder die Angriffe noch die Widerlegungen lassen sich verifizieren. Tatsache bleibt, dass seit Ende Oktober gegen Schweighofer ermittelt wird – vorerst nur wegen „baulicher Maßnahmen“.

Inzwischen hat der Holzklau derart überhandgenommen, dass sich Ende November die Europäische Kommission damit beschäftigte: Sie forderte von Bukarest, wie die Tageszeitung „România liberă“ berichtete, Information über die Maßnahmen gegen die Gesetzlosigkeit.

Und der EU-Rechnungshof legte nach: Die Eindämmung der illegalen Holzgewinnung sei „von grundlegender Bedeutung im Interesse der Kontrolle der Klimaveränderung“. Rumänien wurde neben Griechenland, Spanien und Ungarn als eines jener vier Länder genannt, die EU-Regelungen zur Holzwirtschaft nicht einhielten.

Über die vier Länder könne illegales Holz in die Union gelangen, meinte Rechnungshofmitglied Karel Pixten. „Die Union muss ein Beispiel geben bei der Behandlung der illegalen Holzgewinnung beziehungsweise des Handels mit illegal gewonnenem Holz.“

Hoffnungsstrahl aus Brüssel

„Hoffnungsstrahl über den Bäumen“ betitelte die ungarischsprachige Tageszeitung „Háromszék“ eine Analyse, die zuerst eher hoffnungslos klingt: „Der landesweite Skandal lässt auf sich warten, es sind zwar wackere Rechtsregeln zur Eindämmung der ungesetzlichen Waldvernichtungen entstanden, doch die nimmt niemand ernst. Es geht alles weiter wie früher, ein paar kleine Diebe sind erwischt worden, und die großen randalieren munter weiter.“

Der „Hoffnungsstrahl“ kommt aus Brüssel. Nein, nicht Kommission oder Rechnungshof lassen die Vizechefredakteurin Réka Farkas strahlen, sondern der frühere EU-Kommissar Dacian Cioloş und die Brüsseler Büroleiterin Cristiana Paşca Palmer, die als neuer Ministerpräsident beziehungsweise Umweltschutzministerin heimgekehrt sind. Was von der neuen Regierung erhofft wird? „Es sind realistische und sinnvolle Maßnahmen notwendig, die der Raubwirtschaft ein Ende setzen, die unsere Wälder seit 25 Jahren dezimiert.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.