Polen: "Verständnis der Deutschen wäre wünschenswert"

Jaroslaw Kaczynski
Jaroslaw Kaczynski REUTERS
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Die polnische Regierung reagiert auf die Kritik seitens der EU. Insbesondere Deutschland sollte sich fragen, was sie von Polen erwarte.

Die europaweit in der Kritik stehende neue polnische Regierung fordert von Deutschland mehr Solidarität. "Etwas mehr Verständnis der Deutschen für unsere politische Situation wäre wünschenswert", sagte Außenminister Witold Waszczykowski der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe). Polen sei sich bewusst, dass Deutschland "eine entscheidende Stimme im Chor Europas" habe.

Die Deutschen sollten sich fragen, was sie von Polen erwarteten, forderte der Minister. "Braucht Ihr Polen nur als Pufferzone zu Russland? Als Lieferant billiger Arbeitskräfte? Als Zulieferer und verlängerte Werkbank für große deutsche Konzerne? Oder sind wir Polen, bei allen wirtschaftlichen Größenunterschieden, ein Partner Deutschlands, zumindest bei der Lösung der Probleme in unserem Teil Europas?"

Umstrittenes Mediengesetz verabschiedet

Die neue polnische Regierung steht in der EU massiv in der Kritik. Unter anderem hatte das Parlament zum Jahreswechsel im Eilverfahren ein Mediengesetz verabschiedet, das die konservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski vorgelegt hatte. Damit werden die Chefs der öffentlich-rechtlichen Sender künftig direkt von der Regierung ernannt oder abberufen. Eine zuvor verabschiedete Reform des Verfassungsgerichts erschwert zudem die Arbeit der Verfassungshüter.

Die EU-Kommission will als Konsequenz Mitte Jänner über die Lage des Rechtsstaates in Polen beraten. Die geplante Beratung ist die Vorstufe zu einem Prüfverfahren, das die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit durch die Mitgliedstaaten überwachen soll. Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger hatte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt, er werde sich bei der Sitzung der EU-Kommission am 13. Jänner dafür einsetzen, "dass wir jetzt den Rechtsstaatsmechanismus aktivieren und Warschau unter Aufsicht stellen".

Polen sei seit 16 Jahren Mitglied der Nato, führte Waszczykowski nun in der "Bild"-Zeitung aus. Noch immer aber liege der Sicherheitsstatus seines Landes weit unter dem Westeuropas. "Wir möchten, dass die Nato Truppen in Polen stationiert, damit dieses Ungleichgewicht verschwindet", sagte der Außenminister. "Die deutsche Seite verhindert das seit Jahren, weil sie Russland nicht provozieren will."

(APA/AFP)

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