Französischer Komponist Pierre Boulez gestorben

Pierre Boulez
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Boulez starb im Alter von 90 Jahren im baden-württembergischen Baden-Baden. Er zählte zu den bekanntesten zeitgenössischen Komponisten und war auch als Dirigent wegweisend.

Bei den vergangenen Salzburger Festspielen 2015 hat man ihn noch mit einer großen Retrospektive anlässlich seines 90. Geburtstages geehrt - ein halbes Jahr später ist der französische Komponist und Dirigent Pierre Boulez nun am Dienstag im baden-württembergischen Baden-Baden gestorben, wo er seit langem seinen Wohnsitz hatte. Dies teilte seine Familie am Mittwoch mit.

Boulez, am 26. März 1925 im französischen Montbrison als Sohn eines Stahlfabrikanten geboren, war einer der bekanntesten zeitgenössischen Komponisten und hat mit vielen seiner Werke neue Maßstäbe gesetzt. Auch als Dirigent genoss er durch seine Interpretationen, die die Strukturen eines Werkes mit maximaler analytischer Schärfe herausarbeiteten, großes Ansehen. Der Orchesterleiter Boulez, der stets auf den Taktstock verzichtete, weil er seine Intentionen mit den bloßen Händen viel besser vermittelten konnte, profitierte hier viel vom Komponisten Boulez.

Zu den Orchestern, deren Klang er über Jahre prägte, zählten unter anderem das "BBC Symphony Orchestra" und das "New York Philharmonic Orchestra". Und er rief mit dem "Ensemble InterContemporain" auch einen eigenen, neuen Klangkörper ins Leben.

Vom Rebell zum "Klassiker"

Dass ihm die Salzburger Festspiele einen solchen Schwerpunkt widmeten, zeigt nicht nur die Bedeutung, die Boulez für die zeitgenössische Musik hatte, sondern auch, dass er in diesem Bereich längst zu einem "Klassiker" geworden ist, ein Begriff, den er in seinen Anfängen vermutlich vehement abgelehnt hätte, als er sich mehr als Rebell gegen den traditionellen Musikbetrieb sah. Dies kulminierte in seinem wohl berühmtesten Ausspruch von 1967, wonach es die "eleganteste Lösung" wäre, die Opernhäuser einfach in die Luft zu sprengen.

Freilich dirigierte er zu diesem Zeitpunkt selbst schon regelmäßig an genau diesen Opernhäusern, und als er 1976 in Bayreuth - also ausgerechnet an einem Hort der Tradition - den sogenannten "Jahrhundert-Ring" dirigierte (in der Regie von Patrice Chéreau), hatte er, wie es schien, endgültig seinen Frieden mit dem Betrieb gemacht. Ein weiteres Zitat rückt seinen viel zitierten Opernhäuser-Sager vielleicht etwas zurecht: "Ich wollte bewusst mit der Tradition brechen, nie aber mit der Geschichte."

Der mathematische Komponist

Boulez hatte zunächst Mathematik studieren wollen, und dieses Interesse für Zahlen, Formeln und Strukturen hatte denn auch starken Einfluss auf seine Zugangsweise zum Tönesetzen. Und so wurde Boulez, der wesentliche Impulse von seinem Landsmann Olivier Messiaen erhielt, zu einem Pionier der seriellen Musik. Einer Musik also, die das, was Schönberg und Webern begonnen hatten, konsequent und radikal weiterdachte. "Robespierre" nannte man ihn wegen dieser Kompromisslosigkeit auch, die freilich nur eine, wenn auch eine wichtige Facette des Komponisten Boulez war.

Die nach dem seriellen Prinzip gebauten Werke wie etwa die berühmten "Notations" erschließen sich dem Ohr denn auch nicht sofort, sondern verlangen nach einer intensiveren Auseinandersetzung. Doch es gibt auch den "sinnlichen" Boulez, der etwa Stücke wie das in Salzburg im Juli zu erlebende "Rituel in memoriam Bruno Maderna" schuf, bei dem das Orchester in acht Gruppen im Raum verteilt ist. Das verschärft die Anforderungen, die eine Boulez-Partitur schon per se an Musiker und Dirigenten stellt, noch einmal, versetzt den Hörer aber in eine überwältigende Klangwelt.

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