Neue Währungsturbulenzen im Reich der Mitte lassen die Börsen weltweit auch am dritten Handelstag des Jahres weiter zittern. Der Yuan steht so tief wie seit fünf Jahren nicht mehr. Die Anleger flüchten in Yen, Staatsanleihen und Gold.
Wien/Peking. Ein guter Start ins neue Jahr sieht anders aus: Die Börsen sahen auch am Mittwoch weltweit rot. Treibende Kraft der negativen Stimmung war erneut China. Die Landeswährung Yuan sank auf den tiefsten Stand seit fünf Jahren – und zwar unter Aufsicht der Zentralbank in Peking, die den Referenzkurs des Yuan einmal täglich festlegt. Auch in Hongkong, wo der „Offshore-Yuan“ frei gehandelt wird, sank der Kurs um 1,1 Prozent.
Der von der Zentralbank Peking gesteuerte Yuan-Kurs fiel am Mittwoch auf 6,54 Yuan pro US-Dollar, der Offshore-Kurs fiel auf 6,7. Die Differenz zwischen den zwei Yuan-Kursen hat damit ebenfalls einen Rekordstand erreicht. Das ist insofern bedenklich, weil es einen Kontrollverlust seitens der chinesischen Notenbank signalisieren könnte.
Die europäischen Märkte folgten den asiatischen und fielen gleich zu Handelsbeginn. Anleger flüchteten in so genannte sichere Häfen, wie Gold und deutsche sowie amerikanische Staatsanleihen und in den japanischen Yen. Der schwache Yuan riss auch kleinere asiatische Währungen mit, während der Yen auf den höchsten Stand seit Oktober kletterte. Der Goldpreis stieg um 0,5 Prozent auf rund 1090 Dollar pro Unze.
Nicht gut für den Rest der Welt
Es war die größte Talfahrt des Yuan seit der überraschenden Abwertung der chinesischen Volkswährung im August letzten Jahres durch die Währungshüter. Die seitdem erfolgte Verteidigung des Yuan, der vergangenes Jahr vom Internationalen Währungsfonds IWF als fünfte Weltwährung neben Dollar, Euro, Pfund und Yen geadelt wurde, hat die Devisenreserven des Riesenreiches zum ersten Mal überhaupt schrumpfen lassen. Aber seit die US-Notenbank Federal Reserve die Zinsen im Dezember leicht steigen ließ, hat die Peoples Bank of China sich merklich zurückgehalten. Viele Analysten interpretieren dies als Signal, dass die chinesische Währung weiter fallen wird.
„Das ist für den Rest der Welt aber nicht gut“, sagte Koichi Kurose, der Chefstratege der japanischen Resona-Bank zur Nachrichtenagentur Bloomberg. „Bis China die Abwertung des Yuan stoppt, werden die globalen Märkte unsicher bleiben.“
Die schwächere Währung wird in China als Vorteil für die Exportwirtschaft gesehen. Einzig: Die Strategie scheint nicht zu funktionieren, denn die chinesischen Exporte sind wohl auch im Dezember wieder gesunken – zum sechsten Mal in Folge. Konkrete Daten dazu werden nächste Woche erwartet. Die chinesischen Staatsmedien berichteten indes, dass jene Sonderregeln, die im Sommer 2015 einen größeren Crash verhindert hatten – wie etwa ein Verkaufsverbot für Großaktionäre – weiter in Kraft bleiben, was zumindest einige chinesische „Blue-Chip“-Werte in den positiven Bereich treiben konnte.
Da war der Schaden allerdings schon angerichtet. Erst recht, da die Märkte in Europa und den USA sich viel mehr von den Währungsbewegungen von den Aktienkursen in China beeinflussen lassen. Der Ölpreis fiel derweil auf ein Elf-Jahrestief. Auch die geopolitischen Spannungen zwischen den beiden wichtigen Ölförderländern Saudiarabien und dem Iran trugen dazu bei, weil etwaige Absprachen zur Drosselung der Ölproduktion derzeit vom Tisch sind und beide Länder weiterhin ihre volle Förderkapazität ausschöpfen.
China will Goldpreis-Fixing
Wie es mit dem Yuan-Kurs weitergehen soll, ist indes völlig unklar. Beteuerungen aus Peking, wonach keine weiteren Abwertungen geplant sind, werden immer wieder von der Realität überholt. Der Wechselkurs allein hat aber keine direkte Auswirkung auf Chinas Wunsch, den Yuan als eine internationale Leitwährung zu etablieren.
Was aber eine Rolle spielt, ist der Goldmarkt. China ist der größte Produzent von Gold und gleichzeitig der größte Importeur. Die Zentralbank macht kein Geheimnis daraus, dass Gold dem Yuan zu mehr Bedeutung verhelfen soll, die chinesischen Goldreserven werden ständig erweitert. Zudem soll schon im April ein Goldpreis-Fixing in Yuan eingeführt werden, was einer direkten Kampfansage an den US-Dollar gleichkommt, denn das bisher dominante Fixing in London wird in Dollar durchgeführt.
Noch sträuben sich zudem einige internationale Banken – und verweigern die Teilnahme. Konkret geht es um die bisher einzigen ausländischen Banken mit einer Importlizenz für das Edelmetall: Die Australia and New Zealand Banking Group, HSBC und Standard Chartered. Ihnen droht Peking nun mit Lizenzentzug, sollten sie die Teilnahme am Preisfixing verweigern. Die Banken zeigen sich zwar interessiert, melden aber rechtliche Bedenken an.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2016)