Atomtest: US-Spezialflugzeug sucht "Schmauchspuren"

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Ein "Schnüffel-Jet" Boeing WC-135 "Constant Phoenix"US Air Force
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Ob die Nordkoreaner wie behauptet wirklich eine Wasserstoffbombe gezündet haben, soll von einem "Schnüffel-Jet" Boeing WC-135 "Constant Phoenix" untersucht werden.

Nach dem angeblichen unterirdischen Test einer Wasserstoffbombe in Nordkorea am 6. Jänner hat das US-Militär ein Spezialflugzeug in die Nähe des nordkoreanischen Luftraums entsandt: Die vierstrahlige Boeing WC-135 "Constant Phoenix" soll im weiten Umfeld des Bombentestgebietes in der Luft nach "Schmauchspuren" der mutmaßlichen Kernwaffenexplosion suchen; konkret geht es um Radionuklide, also instabile strahlende Isotope von Elementen, die typischerweise im Zuge von Kernwaffenexplosionen freiwerden, etwa Xenon-133.

Die Behauptung Nordkoreas, erstmals eine Fusionsbombe gezündet zu haben, was als wesentlicher und eigentlich ultimativer Meilenstein der Atomwaffenentwicklung gilt, ist seither mehrfach bezweifelt worden. Im Allgemeinen nimmt man zwar einen Atomtest an, aber das damit verbundene Erdbeben, das seismische Stationen weltweit gemessen hatten, wird als zu schwach für eine Wasserstoffbombe eingeschätzt. Die Messungen ergaben Bebenstärken zwischen 5,1 und 5,3 nach Richter.

Beben zu schwach für Fusionsbombe

Physiker wie Nicolai Gestermann von der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) sagen, dass diese Magnitude praktisch die gleiche ist wie jene, die man im Februar 2013 bei der bestätigten unterirdischen Explosion einer nordkoreanischen Atombombe - also einer weit schwächeren, technisch simpleren Kernspaltungswaffe auf Uran- oder Plutoniumbasis - gemessen hatte; diese Bombe wurde später auf eine Stärke von etwa fünf bis 20 Kilotonnen TNT-Äquivalent eingeschätzt (auf häufigsten war die Rede von etwa sieben Kilotonnen), war also mäßig - schon die amerikanische Hiroshima-Bombe von 1945 hatte eine Explosionskraft von etwa 13 bis 16 Kilotonnen.

Zum Vergleich: Bei früheren unterirdischen Explosionen von thermonuklearen Bomben, also Wasserstoffbomben, der großen Atommächte wie den USA, Russland und Frankreich habe man üblicherweise weit größere Bebenstärken von um die 7 nach Richter festgestellt.

Unterscheidung schwierig

Laut des Luftfahrtmagazins "The Aviationist" soll das WC-135-Spezialflugzeug, das von seinen Crews auch "Schnüffler" genannt wird, vor allem konkrete Spuren einer Wasserstoffbombenexplosion suchen. Das dürfte allerdings nicht so einfach sein, denn laut Wissenschaftlern seien die radiochemischen Spuren einer Atom- und einer Wasserstoffbombe weitgehend deckungsgleich, schon deshalb, weil es allein zur Zündung einer Fusionsbombe einer Atombombe bedarf. Eine Wasserstoffbombe erzeugt zwar, anders als eine Atombombe, als Resultat des Fusionsprozesses der Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium auch das Element Helium sowie freie Neutronen. Beide verflüchtigen sich aber sehr rasch und es ist fraglich, ob man merkliche Spuren davon noch Tage nach der Explosion in der Umgebungsluft finden kann.

Dass man bei einer unterirdischen Kernwaffenexplosion, die in der Regel in Kavernen in mehreren hundert, ja mehr als 1000 Meter Tiefe stattfindet, überhaupt Abgase messen kann, liegt übrigens daran, dass sich Risse durchs Gestein bis zur Oberfläche durchfressen können (aber nicht müssen). Durch diese "Schlote" können Radioisotope entweichen, in mehr oder weniger geringen Mengen. So wurde ein US-Schnüfffeljet etwa 2006 nach einem nordkoreanischen A-Test fündig, ebenso ein vergleichbares britisches Flugzeug 2013. Nach einer Explosion im Mai 2009 fand man hingegen nichts.

WC-135 bei Luftbetankung
WC-135 bei LuftbetankungWikipedia/Sizuru

Die benutzten Schnüffelflugzeuge sind Abkömmlinge des Transportflugzeugs Boeing C-135 und über Ecken mit der alten Boeing 707 der 1950er-Jahre verwandt. Von etwa zehn seit den 1960ern gebauten Schnüfflern sind laut Aviationist noch zwei im Dienst. Über Öffnungen an der Außenseite wird Luft eingelassen und in Spektrometern nach Radioisotopen untersucht.

Werden die Systeme fündig, wird die Luftversorgung der Besatzung - das können durchaus um die 30 Personen sein - auf Reinluft aus gesicherten Vorräten umgestellt, um das Risiko zu minimieren. Flugzeuge dieser Art waren unter anderem auch nach den Reaktorkatastrophen von Tschernobyl 1986 in der Ukraine und Fukushima in Japan 2011 im Einsatz.

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