Und wieder einmal ist Österreichs Islamische Glaubensgemeinschaft einen unbequemen Reformer losgeworden.
Als Reformer hat man es in Österreich nicht leicht. Schließlich muss für eine Modernisierung der bequeme Status quo aufgebrochen werden. Das gilt auch für jene, die in der muslimischen Community für frischen Wind sorgen wollen. Unbequeme Wahrheiten wie das mangelnde Demokratieverständnis manches Religionslehrers werden dann als nicht haltbar vom Tisch gewischt, der Autor der dazugehörigen Studie wird persönlich diffamiert und Religionslehrern, die kritisch hinterfragen, die Lehrbefugnis entzogen.
Jemand, der die Ausbildung für islamische Religionslehrer modernisieren möchte, kann angesichts dieser Haltung fast zwangsläufig nur gegen eine Wand laufen. Yasar Sarikaya, in Deutschland als reformorientierter Theologe und Pädagoge bekannt, wusste wohl nicht, worauf er sich einließ, als er 2008 Direktor der Islamischen Religionspädagogischen Akademie in Wien wurde. Hätte er geahnt, dass er keinen Einfluss auf die Auswahl seines Personals haben würde, dass seine Vorschläge gerade einmal ignoriert werden sollten, wäre er wohl gar nicht erst gekommen.
Für Präsident Anas Schakfeh kann Sarikaya ohnehin nur ein Betriebsunfall gewesen sein. Modernes Islambild, zeitgemäße Pädagogik? Schnell wieder weg mit ihm, die weniger reformfreudigen Kollegen werden schon dafür sorgen. Noch ein paar solcher Aktionen, und Schakfeh wird als freundliche Variante des Oberbetonierers Fritz Neugebauer in die Geschichte eingehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2009)