Carsharing: Ja, aber nur im Zentrum

Carsharing in Wien: Angebot und Nachfrage konzentrieren sich mittlerweile auf die innerstädtischen Bezirke.
Carsharing in Wien: Angebot und Nachfrage konzentrieren sich mittlerweile auf die innerstädtischen Bezirke.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Flinkster, einer von vier Wiener Carsharing-Anbietern, hört auf. Carsharing scheint nur innerhalb des Gürtels zu funktionieren. In den Außenbezirken gibt es kaum noch Angebote.

Wien. Mit Ende März verliert die Stadt Wien einen ihrer vier Carsharing-Anbieter: Flinkster, ein Unternehmen der Deutschen Bahn, zieht sich vom Wiener Markt zurück. Die Flotte – 55 Autos – wird nun nach und nach reduziert.

1 Nach dem Ende von Flinkster: Gibt es zu viel Carsharing in Wien?

Nicht unbedingt. Die Wiener scheinen aber das flexiblere, sogenannte „Free floating“-Angebot der beiden großen Anbieter Car2go und DriveNow mehr zu schätzen: Die Autos können dabei an jedem beliebigen freien Stellplatz im Einzugsgebiet des Anbieters – also einem Teil des Wiener Stadtgebiets – abgestellt werden und müssen nicht an einige wenige fixe Stellplätze zurückgebracht werden. Letzteres, das sogenannte stationäre Angebot, ist das Modell von Flinkster – und des vierten Wiener Anbieters, Zipcar.
Bei Flinkster – das in mehr als 200 deutschen Städten aktiv ist – spricht man von „wirtschaftlichen Gründen“ für den Rückzug sowie dem Mangel an attraktiven Stellplätzen für die Wagen.

2 Wie geht es den anderen Carsharing-Anbietern in Wien?

Nach eigenen Angaben gut. Wobei der Wiener Marktführer, Car2go – der auch weltweit der größte Carsharing-Anbieter ist –, im Vorjahr sein Angebot deutlich verkleinern musste: Da in den Außenbezirken viele Car2go-Wagen nur selten genutzt wurden, wurde das Einzugsgebiet im August des Vorjahres reduziert. Car2go, das zu Daimler gehört, konzentriert sich nun auf die Bezirke innerhalb des Gürtels, in denen es dafür nun um 30 Prozent mehr Autos gibt.

Konkret stehen 690 Mercedes Smart zur Verfügung. Mit 85.000 registrierten Kunden sei man mit dem Wiener Markt sehr zufrieden, sagt Sprecher Herbert Euler. „Wien gehört für uns zu den Top-fünf-Destinationen.“ Die Verkleinerung der Einzugsfläche habe sich bewährt und sei im Übrigen kein rein wienerisches Phänomen: Auch in vielen deutschen Städten hat sich Car2go aus den Außenbezirken zurückgezogen. Carsharing, so scheint es, wird vor allem von Großstadtbewohnern in zentral gelegenen Bezirken genutzt – und das, obwohl in den innerstädtischen Bezirken die öffentliche Anbindung meist ohnehin eine gute ist.

Auch beim zweiten großen Anbieter in Wien, DriveNow (das von BMW und Sixt betrieben wird), bilanziert man etwas mehr als ein Jahr nach dem Start positiv: 50.000 registrierten Kunden stehen 450 Autos – verschiedene BMW- und Mini-Modelle – zur Verfügung. Pro Monat wachse die Zahl der Mitglieder um etwa 2500 bis 3000. Dass man mit Flinkster einen Konkurrenten verliert, sieht man bei DriveNow aber nicht positiv: „Unsere Angebote haben sich gut ergänzt.“ DriveNow sei für kurze Distanzen ideal, Flinkster mit seinen fixen Stellplätzen für etwas längere Fahrten. Für ganz lange Strecken sei es der klassische Mietwagen. Mit Flinkster würde künftig ein Glied in der Kette fehlen.

3 Wieso gibt es so wenige Elektroautos?

In Wien, aber auch in anderen Städten, ist der Einsatz von Elektroautos im Carsharing-Bereich immer noch eher die Ausnahme. DriveNow ist neben den 430 „normalen“ Leihautos soeben mit 20 Elektroautos an den Start gegangen. „Mehr“, sagt ein Sprecher, „verträgt die Stadt auch nicht“, weil die Infrastruktur – also die Elektrotankstellen – „vorsichtig formuliert verbesserungsfähig ist“. Das Interesse der Kunden an den E-Autos sei aber – aus Interesse am Ausprobieren – derzeit aber groß.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2016)

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