Bundespräsident? Gefällt mir!

ARCHIVBILD: BUNDESPRAeSIDENT - VAN DER BELLEN KANDIDIERT
ARCHIVBILD: BUNDESPRAeSIDENT - VAN DER BELLEN KANDIDIERTAPA/HERBERT NEUBAUER
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Nach Irmgard Griss kündigte auch Alexander Van der Bellen via Videobotschaft an, ins Rennen um die Hofburg einzusteigen. Dass beide diesen Kanal wählten, hat gute Gründe.

Und plötzlich ist es da. Ein Posting, zwei Zeilen: „Mutig in die neuen Zeiten. So heißt's in der Bundeshymne. – Gefällt mir!“, schreibt Alexander Van der Bellen Freitagvormittag auf Facebook. Dazu gibt es noch ein Video. Seine Botschaft: „Ich kandidiere für das Amt des Bundespräsidenten der Republik Österreich. Und ich bitte um Ihr Vertrauen und Ihre Unterstützung.“ Zwei Minuten, dann ist es schon vorbei.

Keine Pressekonferenz, keine große Veranstaltung, ein einziges Video: Auch Irmgard Griss entschied sich für diesen Weg, um ihre Kandidatur offiziell anzukündigen – auch wenn bei ihr der Überraschungseffekt zu diesem Zeitpunkt bereits weniger stark ausgeprägt war. Am 17. Dezember stellte ihr Team eine Botschaft online: „Ich will eine unabhängige Kandidatin für alle sein, die eine neue Politik wollen. Ich freue mich, wenn Sie mich dabei unterstützen“, spricht sie in die Kamera. Zu Neujahr gab es dann die zweite Videobotschaft an ihre Sympathisanten.

Bleibt die Frage: Warum machen die beiden Kandidaten das? „Es ist klug, dass sie diesen Weg gewählt haben“, sagt Kommunikationsberater und Digital-Experte Yussi Pick. Auf keine andere Art und Weise lasse sich die Ankündigung so gut steuern: „Man kann den Kandidaten nach seinen eigenen Vorstellungen präsentieren – auch was die Zeitvorstellungen betrifft.“

Die Botschaft lande außerdem so direkt bei den potenziellen Wählern. Bei Pressekonferenzen schaffe es nur die von Journalisten gefilterte Version an die Öffentlichkeit. Und: „Man kann Hoppalas vermeiden – die schneidet man einfach heraus.“


Auf dem Markt ertappt. Griss und Van der Bellen seien außerdem als offiziell unabhängige Kandidaten nicht an Parteigremien gebunden, die sie vorher in einer Sitzung nominieren müssen. Daher sei das simple Onlinestellen eines Videos für sie leichter als für die SPÖ und ÖVP. Gleichzeitig bestehe aber auch die Gefahr, bei den Dreharbeiten quasi ertappt zu werden – und so den Überraschungseffekt zu verlieren. Van der Bellen wurde tatsächlich mit einem Kamerateam auf dem Wiener Karmelitermarkt gesichtet.


Griss postet nicht. „Über Facebook und YouTube erreicht man die Leute am leichtesten“, sagt Milo Tesselaar, der die Kampagne von Irgmard Griss leitet. „Es war für uns logisch, dass wir es auf diese Weise machen.“ Die Botschaft, das Auftreten könne man so viel besser vermitteln. Und gleichzeitig sofort mit den Menschen in Verbindung treten. Wobei Griss die sozialen Netzwerke nicht selbst bedient, sondern von einem Team bespielen lässt.

„Im Jahr 2016 ist das ganz normal“, meint auch Martin Radjaby-Rasset, der die Kampagne von Van der Bellen mitbetreut. „Wir wollten seine Motivation erklären, ein Statement setzen.“ Van der Bellen ist ja auch vorher auf Facebook aktiv gewesen. 400.000 Menschen haben dort innerhalb von 24 Stunden sein Video gesehen. Der Facebook-Auftritt von Griss wurde hingegen für die Kandidatur gestaltet. Ihre Antrittsrede haben rund 46.400 Menschen gesehen.

Die Bundespräsidenten

Karl Renner

1945–1950. Der erste Präsident der Zweiten Republik wird von der Bundesversammlung gewählt. Er stirbt 1950 im Amt.

Theodor Körner

1951–1957. Der Wiener SPÖ-Bürgermeister war der erste vom Volk gewählte Bundespräsident der Zweiten Republik.

Adolf Schärf

1957–1965. Der einstige SPÖ-Parteivorsitzende wurde als erster Bundespräsident wiedergewählt.

Franz Jonas

1965–1974. Franz Jonas (SPÖ) wurde als Wiener Bürgermeister zum österreichischen Bundespräsidenten gewählt.

Rudolf Kirchschläger

1974–1986. Aufgrund Kirchschlägers Popularität verzichtete die ÖVP bei seinem Wiederantreten auf eine eigene Kandidatur.

Kurt Waldheim

1986–1992. Der einstige UN-Chef war ÖVP-Kandidat. Er blieb international isoliert und verzichtete auf eine Wiederwahl.

Thomas Klestil

1992–2004. Der Diplomat, in seiner ersten Amtszeit ÖVP-Kandidat, starb zwei Tage vor Ende seiner zweiten Amtsperiode.

Heinz Fischer

2004–2016. Fischer (SPÖ) setzte sich 2004 gegen Benita Ferrero-Waldner durch. Seine zweite Amtszeit endet am 8. Juli.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2016)

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