Lasst doch die Katalanen abstimmen

Es hängt vom Mut Madrids ab, wie Spanien 2017 aussehen wird.

Für die Einheit Spaniens hat 2016 unter denkbar schlechten Vorzeichen begonnen: Erstmals muss sich mit Infantin Cristina ein Mitglied der Königsfamilie vor Gericht verantworten, in Madrid ist Wochen nach der Parlamentswahl keine Einigung auf eine Regierung in Sicht. Und in Barcelona amtiert der separatistischste Premier, den Katalonien je hatte.

Doch der Weg muss nicht zwangsläufig in die nächste Krise führen. Genauso wie die Skandale seiner Familie König Felipe zu Reformen bewegten, könnte der Konflikt mit Katalonien als Weckruf für Madrid dienen: Vielleicht überzeugt die realer werdende Perspektive eines Zerfalls die Großparteien, doch zu kooperieren. Oder zumindest bringt sie die Einsicht, dass die Hardliner-Politik gegenüber Katalonien in die Sackgasse führte.

Spätestens jetzt sollten die Parteien Verfassungsänderungen erwägen, um eine stärkere Föderalisierung des Landes – und notfalls gar ein Unabhängigkeitsreferendum zuzulassen. Trotz gegenteiliger Optik liegen die Chancen nicht schlecht, die Katalanen umzustimmen: Jeder Zweite ist jetzt schon gegen das separatistische Abenteuer, trotz all der Anti-Madrid-Propaganda. Zudem steht die Regionalregierung auf wackligen Beinen: Das heterogene Bündnis kann nur mithilfe von Anti-System-Parteien überleben.

Der Ball liegt bei Madrid. Es hängt vom Mut zu radikalen Veränderungen ab, wie Spanien 2017 aussehen wird.

susanna.bastaroli@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2016)

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