Pilz: "Ihr kriegt Granaten, wir das Abdullah-Zentrum"

Pilz kritisiert Michael Spindelegger und Maria Fekter.
Pilz kritisiert Michael Spindelegger und Maria Fekter.Clemens Fabry
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Die Granatenlieferung Österreichs nach Saudiarabien sei ein "politisches Geschäft" gewesen, kritisiert der Grüne Abgeordnete. 2010 genehmigte das Innenministerium den Export von 9000 Splittergranaten.

Splittergranaten für das König-Abdullah-Zentrum? Einen derartigen Deal unter Ex-Außenminister Michael Spindelegger und der ehemaligen Innenministerin Maria Fekter vermutet der Sicherheitsbeauftragte der Grünen, Peter Pilz am Dienstag. Denn Österreich hat vor sechs Jahren den Export von 9000 Splittergranaten an Saudi-Arabien genehmigt.

Einige dieser Granaten sollen am 12. Dezember 2014 bei einer großangelegten Operation saudischer Spezialeinheiten zum Einsatz gekommen sein. Rund 100 Mitglieder der Special Security Forces des saudischen Innenministeriums hatten sie bei einem Einsatz gegen eine Protestbewegung der schiitischen Bevölkerung in der Stadt Awamiya bei sich getragen. Dabei sollen auch fünf Zivilsten ums Leben gekommen sein.

Pilz: Genehmigung war Rechtsbruch

2009 hatte der oberösterreichische Waffenhersteller Rheinmetall Waffe Munition Arges (RWM) ein Exportansuchen für 9000 Granaten des Typs HE-DP92 gestellt. Das Innenministerium unter Maria Fekter genehmigte die Ausfuhr der Waffen, die für das saudische Innenministerium bestimmt waren - obwohl den Beamten die grassierende Menschenrechtslage in Saudiarabien schon damals bewusst gewesen sei, sagt Pilz. Berichte der Menschenrechtsorganisation Amnesty International vom Jahr 2009 belegen massive Verstöße gegen Menschenrechte wie Hinrichtungen und Auspeitschungen.

Damit könnten die Entscheidungsträger Fekter und Spindelegger gegen Gesetze verstoßen haben, meint Pilz. Denn der Export von Kriegsmaterial muss laut österreichischem Gesetz vom Innenministerium in Absprache mit Verteidigungs- und Außenministerium genehmigt werden. Der Waffenhandel in kriegsführende Staaten oder in Staaten, in denen das exportierte Kriegsmaterial zur Unterdrückung von Menschenrechten verwendet werden kann, ist gesetzlich verboten. Dennoch habe das Außenministerium im Mai 2009 den "Persilschein" für die Lieferung in einem entsprechenden Gutachten ausgestellt.

Politische Verantwortung prüfen

Der Deal sei ein "reiner Willkürakt" gewesen, um gute Stimmung in Riad zu erzeugen, meint der Grüne. Und das aus einem ganz bestimmten Grund: "Ihr kriegt die Granaten, wir das Abdullah-Zentrum." So soll das Kalkül Michael Spindeleggers gewesen sein, unter dessen Initiative 2012 das umstrittene Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog eröffnet worden war.

Pilz will den Fall nun im Innenaussschuss des Parlaments kommenden Dienstag vorlegen und die politische Verantwortung Fekters und Spindeleggers "für die möglicherweise illegale aber auf jeden Fall inakzeptable Lieferung" prüfen.

Spätere Ansuchen nicht genehmigt

Dass es sich bei dem Export der Splittergranaten um ein "politisches Geschäft" gehandelt habe, würden auch zwei weitere Exportansuchen von RWM Arges im Innenministerium beweisen. Denn auch 2012 und 2014 habe der Hersteller aus Rüstdorf/ Schwanenstadt Granaten des gleichen Typs nach Saudiarabien liefern wollen.

Inzwischen war Fekter durch Johanna Mikl-Leitner als Ministerin abgelöst worden. Mikl-Leitner genehmigte den Export von 3000 Stück im Jahr 2012 und weiteren 9000 Stück 2014 jedoch nicht. Die Menschenrechtslage in dem streng wahhabitischen Land habe sich in diesen vier Jahren jedoch nicht geändert, meint Pilz.

Zuletzt war das sunnitische Königreich kritisiert worden, den schiitischen Prediger Nimr al-Nimr zusammen mit 46 Terrorverurteilten hingerichtet zu haben. Der entschiedene Gegner der Führung in Riad war durch seinen Kampf gegen die Unterdrückung von Schiiten bekannt geworden. Auch der Fall des Bloggers Raif Badawi wird heftig diskutiert. Er wurde 2014 zu zehn Jahren Haft und 1000 Stockhieben verurteilt. Der Menschenrechtsaktivist soll angeblich den Islam beleidigt haben. Die ersten 50 Stockhiebe hat er bereits erhalten, die weiteren Hiebe wurden vorläufig ausgesetzt, offiziell aus Gesundheitsgründen.

Das König-Abdullah-Zentrum wurde im November 2012 als internationale Organisation mit Unterstützung der Regierungen Österreichs, Saudi-Arabiens und Spaniens, sowie dem Heiligen Stuhl als Gründungsbeobachter, ins Leben gerufen. Das Zentrum bezieht seine Finanzierung von Saudiarabien. Geleitet wird es von einem Board of Directors, das aus Vertretern der großen Weltreligionen (Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus) und Kulturen besteht.

Kritiker sehen in der Institution einen Versuch Riads, sein international wegen Menschenrechtsverletzungen ramponiertes Image aufzupolieren. Im Nationalrat wurde das Projekt gegen die Stimmen von FPÖ und Grünen genehmigt.

(maka)

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