ÖVP: Mitterlehner, der Hofburg-Einheizer

�VP-KLUBKLAUSUR IN BAD LEONFELDEN: MITTERLEHNER
�VP-KLUBKLAUSUR IN BAD LEONFELDEN: MITTERLEHNER(c) APA/BARBARA GINDL
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Bei ihrer Klubklausur stimmt sich die Volkspartei auf den Wahlkampf ein. Ihr Hauptthema: die Asylpolitik. Die erklärten Gegner: ein „flotter Ballbesucher“ und „Alexander der Überparteiliche“.

Bad Leonfelden. So langsam haben sie sich daran gewöhnt, die Abgeordneten hier in Bad Leonfelden. Nicht, dass jeder von ihnen zu Beginn glücklich mit der Entscheidung gewesen wäre. Oder gar mit der Kommunikation. Aber jetzt ist es eben so: Andreas Khol tritt für sie, die ÖVP, für das Amt des Bundespräsidenten an. Und man hat das Gefühl: Er will es wirklich.

Vielleicht lässt sich der eine oder andere Funktionär bei der Klubklausur in Oberösterreich auch deswegen von seiner Euphorie mitreißen: Man habe sehr gute Chancen, in die Stichwahl zu kommen, heißt es. Oder sogar das Rennen zu gewinnen.

Nur eines bereitet dem einen oder anderen Sorgen: Hält Khol das Tempo, das er in der ersten Woche nach seiner Kür vorgelegt hat, auch weiter durch? Die Wahl findet schließlich erst in drei Monaten statt, spätestens am 24. April. Einer spricht diese Befürchtung ganz direkt an, auf offener Bühne: „Andreas, du bist vorbildlich“, so Klubobmann Reinhold Lopatka am Freitag während seiner Ansprache. Von vier Uhr früh bis beinahe Mitternacht sei er am Vortag auf den Beinen gewesen. Aber: „Als jemand, der lange Strecken läuft, sage ich: ,Man braucht einen langen Atmen‘“, sagte Lopatka zu Khol. Und schickte gleich hinterher, um jegliche Missverständnisse zu vermeiden: „Aber den bringst du mit.“

„Es ist ein Massenansturm“

Am Freitag, Tag zwei der Klubklausur, spart sich Khol erst einmal den Atem. Er tritt nicht mehr vor dem versammelten ÖVP-Team auf. Umso länger besetzt dafür Parteichef Reinhold Mitterlehner die Bühne. Irgendjemand muss schließlich den Wahlkampf beginnen – jetzt, da mit Rudolf Hundstorfer der offizielle rote Gegner feststeht. Und spätestens mit Mitterlehners Rede ist klar, worum die Debatte sich in den nächsten Wochen drehen wird.

„Was wir haben, ist ein Kontrollverlust, es ist ein Massenansturm!“, ruft der Parteichef seinem Publikum zu. Durch die große Anzahl an Flüchtlingen habe man die Souveränität an der Grenze verloren. Die Lösung? In letzter Konsequenz eine Obergrenze, findet Mitterlehner. „Derjenige, der dagegen ist, soll sagen, wo, wie und mit welchem Geld wir zusätzliche Quartiere schaffen“, meint er. „Wenn er das beantworten kann, bedanken wir uns und machen das.“

Dass die ÖVP den Wahlkampf ausgerechnet auf die Asylpolitik zuspitzt, liegt nahe. Einen Grund nennt Mitterlehner selbst: „Wir sind unterschiedliche Parteien in der Regierung. Das muss man den Wählern vermitteln.“ Das geht eben bei keinem anderen Thema derzeit so gut wie bei den Flüchtlingen.

Aber es gibt auch eine zweite Motivation, die dahintersteckt: Mit ihrer „Charity begins at home“-Linie (O-Ton Khol) will man sich potenzielle FPÖ-Wähler sichern. Die Volkspartei hofft darauf, dass die Freiheitlichen nur einen Zählkandidaten aufstellen, der keine große Gefahr für Khol ist – und im zweiten Wahlkampf den 74-jährigen Seniorenbundobmann unterstützen.

Dann würde die Stichwahl also heißen: Khol gegen Hundstorfer – oder Khol gegen Alexander Van der Bellen (Irmgard Griss spricht der ÖVP-Chef gar nicht direkt an). Mitterlehner griff am Freitag sicherheitshalber gleich beide an: „Alexander der Erste, der Überparteiliche“, sei „rot, grün, blass“. Und der bisherige Sozialminister sei zwar ein „flotter Ballbesucher“ – aber kein idealer Bundespräsident.

Kritik am „roten Ringelspiel“

Und weil es grad so schön ist, kriegt auch Hundstorfers Nachfolger im Sozialministerium, Alois Stöger, sein Fett ab: „Ein Ringelspiel dreht sich schnell und kost' nicht viel“, meint Mitterlehner zu den Rochaden in der SPÖ. Und: „Bei der Geschwindigkeit und bei den Kompetenzen muss man sich fragen, was das Nächste bei Stöger ist – ich glaub: Bundeskanzler.“

Wer der nächste Bundespräsident wird, will die ÖVP ja schließlich auch schon wissen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2016)

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