Die Volkspartei hat ihre Linie gefunden. Gut so. Nun heißt es: Warten auf Werner Faymann.
Das ist das Paradoxe an der Flüchtlingsbewegung: Die „Willkommenskultur“, die mehr Internationalität mit sich bringen sollte, hat eine Renaissance des Nationalstaats hervorgebracht. Erst in Osteuropa, nun auch im Rest des Kontinents. Und während Werner Faymann noch immer einer gesamteuropäischen Lösung das Wort redet, die es so schnell, wenn überhaupt, nicht geben wird, hat auch die ÖVP umgeschwenkt.
Anfangs lang unklar in der Position, vor den Landtagswahlen dann auf einmal restriktiver, hat die ÖVP mittlerweile eine Linie gefunden. Eine, die Johanna Mikl-Leitner und Sebastian Kurz schon zu einer Zeit vertraten, als das noch nicht opportun war. Es ist das CSU-, nicht das CDU-Modell. Das Ziel ist die Reduktion des Flüchtlingsandrangs. Mit Obergrenzen, Wartezonen, einer Verschärfung des Zugangs zu Sozialhilfe.
Freilich hat das auch mit dem anlaufenden Präsidentschaftswahlkampf zu tun. Bevor die FPÖ noch ihren Kandidaten nominiert hat, hat die ÖVP dessen Position schon besetzt. Andreas Khol ist hier ein glaubwürdiger Kandidat. Da musste er nur den Begriff der Nächstenliebe ein wenig enger fassen. Alles, wie wir wissen, eine Tochter der Zeit.
Wobei die ÖVP in der Sache recht hat. Wenn die EU dazu nicht in der Lage ist – es hakt bei der Türkei-Kooperation, den Hotspots und der Verteilung –, dann müssen eben die einzelnen Staaten Vorsorge treffen. In ein paar Wochen wird das dann sicher auch Werner Faymann so sehen. War bisher immer so.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2016)