Wie hunderte andere Frauen wurde eine US-Studentin zu Silvester belästigt. Doch sie fand Beschützer: Eine Gruppe Syrer half ihr aus der Menge.
Mehr als 650 Strafanzeigen sind laut Kölner Staatsanwaltschaft seit den Übergriffen auf Frauen während der Silvesternacht bei der Polizei eingegangen. Sie berichten, wie - zumeist Männer aus Nordafrika - sie bedrängt, bestohlen und sexuell belästigt haben. Männer arabischer und nordafrikanischer Herkunft stehen seit den Vorfällen auf der Kölner Domplatte unter Generalverdacht.
Ein Bericht der "New York Times" liefert ein anderes Bild: Zwar viele, aber nicht alle Asylwerber dürften sich an den Übergriffen beteiligt haben. Eine 27-jährige Amerikanerin war mit ihrem deutschem Freund von Tübingen nach Köln gereist, um dort Silvester zu feiern. In dem Chaos vor dem Hauptbahnhof aber verlor Caitlin Duncan ihren Freund aus den Augen, der ihr Handy und ihre Geldbörse eingesteckt hatte.
Plötzlich war sie von mehreren jungen Männern umringt, die ihr die Haube vom Kopf rissen und versuchten, sie in Gesicht und Nacken zu küssen. Die Neurowissenschafterin stieß die Männer weg und schlug sich bis zur Polizei durch. Die Beamten aber halfen ihr nicht, erzählt sie, denn sie seien zu beschäftigt gewesen, de Platz zu räumen. Wieder wurde Duncan in die Menge zurückgedrängt und von acht bis neun Männern umzingelt, die sie an den Haaren zogen.
"Über die guten Leute spricht niemand"
Schließlich kam ein Fremder auf sie zu und fragte, ob sie Hilfe benötigte. Der ehemalige Volkschullehrer Hesham Ahmad Mohammad war 2014 aus Aleppo nach Deutschland geflohen und an Silvester mit sechs oder sieben anderen Flüchtlingen in Köln unterwegs. Sie wollten Duncan sogar Geld für ein Taxi geben und boten ihre Handys an, um ihren Freund anzurufen, doch die junge Frau wusste seine Nummer nicht auswendig.
Duncan überzeugte die Männer letztlich, eine Art Ring um sie zu bilden und sie durch die Menge zu begleiten. Gemeinsam fanden sie so den Feund der Studentin. Erst Tage später erfuhr Duncan, dass es vielen weiteren Frauen so ergangen war. Ihr Helfer macht "böse Jungs" dafür verantwortlich, die getrunken und Drogen eingenommen hätten.
"Wir hören andauernd Nachrichten über Flüchtlinge: 'Sie sind schlechte Leute, sie müssen nach Hause gehen'", sagte der Syrer in einem Interview. "Wenn ich das in den Nachrichten höre, werde ich traurig. Denn wir wissen, dass es dort schlechte Menschen gab. Aber über die guten Leute, über die spricht niemand."
(maka)