Rechtsanwaltskammertag, Journalisten Club und Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung kritisieren das geplante Gesetz.
Der Rechtsanwaltskammertag, der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und der Österreichische Journalisten Club haben sich am Montag gemeinsam gegen den Beschluss des Staatsschutzgesetzes gewandt. Sie pochten auf richterliche Kontrolle und die Ausnahme von Ärzten, Anwälten, Journalisten und Geistlichen. Andernfalls erwägt ÖRAK-Präsident Rupert Wolff eine Verfassungsklage.
Am Dienstag steht das Polizeiliche Staatsschutzgesetz im Innenausschuss zum Beschluss, Ende Jänner im Plenum. Wolff hofft dennoch, dass noch Änderungen erreicht werden können. ÖJC-Präsident Fred Turnheim forderte einen Runden Tisch mit allen Kritikern. Der AKVorrat wendet sich mit einer - bisher von 25.000 Menschen unterschriebenen - Petition gegen das Gesetz. Am 23. Jänner soll mit einem "Lichtermeer" vor dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung gegen das Gesetz demonstriert werden.
Polizeilichen Ermittlern eine solche Fülle an neuen Befugnissen zu geben ohne richterliche Kontrolle mache die Polizei zum Geheimdienst, kritisierte AKVorrat-Obmann Christof Tschohl. Indirekt werde damit wieder der Zugriff auf Vorratsdaten möglich, und das ohne richterliche Genehmigung.
Die Ende November von der Koalition präsentierten Änderungen reichen Tschohl bei weitem nicht. Der "verfassungsgefährdende Angriff" (der etwa den Einsatz von V-Leuten ermöglicht) sei nicht wirklich eingeschränkt, sondern nur "weltanschaulich" durch "ideologisch" ersetzt worden. Und dass jetzt ein Senat (und nicht nur der Rechtsschutzbeauftragte) Kontrolle ausübe, sei überhaupt gelogen: Denn es gebe schon jetzt zwei Stellvertretern und das Gesetz trage dem Beauftragten nur auf, eine "einvernehmliche Vorgangsweise anzustreben".
"Pensionierter Richter ist kein Richter"
Auch Wolff ist nicht überzeugt: Da werde versucht, "uns einen Rat von drei Pensionisten als Gericht zu verkaufen". Denn "ein pensionierter Richter ist kein Richter", meinte er zur Neuerung, dass künftig einer der beiden Stellvertreter zehn Jahre lang Richter gewesen sein muss. Es "den Rechtsanwälten sehr zu denken, dass der Gesetzgeber solche Angst hat vor richterlicher Kontrolle". Die wäre mit der neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit einfach zu bewerkstelligen.
Wenn die Grundrechte auf Sicherheit auf der einen sowie auf Freiheit, Privatleben, Achtung der anwaltlichen Verschwiegenheit und journalistische Freiheit auf der anderen Seite kollidieren, seien Kontrolle und Einschreiten eines Richters unabdingbar in einem modernen Rechtsstaat. Sensible Berufe mit Verschwiegenheitspflicht müssten ausdrücklich ausgenommen werden: "Wir wollen keine V-Leute in Beichtstühlen, Arztpraxen, Rechtsanwaltskanzleien und Redaktionen", stellte Wolff fest.
ÖJC-Präsident Fred Turnheim sieht in dem Gesetz einen "Angriff auf den unabhängigen Journalismus". Das Redaktionsgeheimnis werde ausgehöhlt, Informanten seien nicht mehr geschützt, investigativer Journalismus dann nicht mehr möglich. Es drohe eine "neue Form des Überwachungsstaates", sieht Turnheim in Österreich eine mit Polen vergleichbare Entwicklung.
(APA)