Kurz vor Umsetzung des Sparkurses wechselt die Bank Austria den Chef aus. „Die Presse“ bringt dazu die Hintergründe.
Wien. Bei der Bank Austria gibt es die nächste Überraschung: Erst im Dezember 2015 wurde ein Sparpaket beschlossen. Demnach sollen bis 2018 die Kosten um 300 Millionen Euro gesenkt werden. Am gestrigen Montag wurde bekannt, dass Bankchef Willibald Cernko per Ende Februar vorzeitig ausscheidet. Der Vertrag des 59-jährigen Managers wäre bis September 2018 gelaufen.
Dem Vernehmen nach ging die Initiative für den Chefwechsel vom italienischen Mutterkonzern UniCredit aus. In der Presseaussendung ist von einem Generationswechsel die Rede. Neuer Generaldirektor wird der 45-jährige Vorstand Robert Zadrazil. Dieser verfügt unter anderem über eine Ausbildung in der Informationstechnologie und Elektronik. Das Studium der Betriebswirtschaft hat er nicht abgeschlossen. Zadrazil war in der Bank vorübergehend für die Organisation und die IT verantwortlich. Derzeit ist er im Vorstand für Private Banking, das Geschäft mit vermögenden Kunden, zuständig. Diese Sparte ist im Gegensatz zum klassischen Privatkundengeschäft profitabel.
Laut „Presse“-Informationen gab es bei UniCredit starke Kräfte, das verlustreiche Privatkundengeschäft der Bank Austria zu verkaufen. Als möglicher Interessent galt die Bawag. Doch der Betriebsrat der Bank Austria lief dagegen Sturm und drohte mit Maßnahmen bis hin zum Streik.
Zadrazil: „Richtiger Mann“ für Umbau
Letztendlich konnte Cernko die Italiener davon überzeugen, dass die Bank Austria die Sanierung des Privatkundenbereichs selbst vornimmt. Dazu sollen in den nächsten drei Jahren 70 der 190 Filialen geschlossen werden. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Bank Austria, Erich Hampel, erklärte am Montag, er sei überzeugt, mit Zadrazil „den richtigen Mann“ für den Umbau gefunden zu haben.
Was Cernko künftig machen wird, steht noch nicht fest. Der Manager gibt derzeit keine Interviews. Er will aber im Februar das Jahresergebnis für 2015 präsentieren. Ein Banksprecher sagte, die Ablöse von Cernko sei einvernehmlich erfolgt.
Mit dem Abgang geht bei der Bank Austria eine Ära zu Ende. Cernko war auch Präsident des österreichischen Bankenverbands und steuerte die UniCredit-Tochter durch die Finanzkrise. Die Bank Austria war die einzige Großbank, die keine staatliche Hilfe in Anspruch nahm. Zu den längstdienenden Bankern gehören nun Erste-Bank-Chef Andreas Treichl und RZB-Generaldirektor Walter Rothensteiner.
Der Sparkurs bei der Bank Austria zeigt, dass die Branche vor einem Wandel steht. Die Niedrigzinsphase macht vielen Instituten zu schaffen. Hinzu kommt der technologische Wandel, der viele Filialen überflüssig macht. Laut Nationalbank-Chef Ewald Nowotny könnte bei den Banken in den nächsten Jahren ein Drittel der Jobs abgebaut werden – das sind rund 25.000 Arbeitsplätze. Der Umbau bei der Bank Austria wird kein Einzelfall bleiben. Spannend ist, was bei Raiffeisen passieren wird. Mitte 2017 läuft der Vertrag von Raiffeisen-Bank-International-Chef Karl Sevelda aus. Eine Verlängerung gilt als unwahrscheinlich, da Sevelda Ende Jänner 66 Jahre alt wird.
Normalerweise wird ein Jahr vor Auslaufen des Vertrags über die Nachfolge entschieden – das wäre im Sommer 2016. Spekuliert wird, dass die Raiffeisen Bank International mit der Raiffeisen Zentralbank fusionieren wird. Vor Kurzem wollten sich Sevelda und Rothensteiner auf eine bevorstehende Strukturstraffung nicht festlegen. Beide räumten ein, dass eine Fusion für die Gruppe mathematische Vorteile bringen würde. Heuer soll es zum künftigen Aufbau „die eine oder andere Entscheidung“ geben.
Offen ist zudem die Zukunft der Bawag. Der US-Finanzinvestor Cerberus dürfte die Bank einmal verkaufen oder an die Börse bringen. Bei der Erste Bank hält Andreas Treichl das Szepter weiter fest in der Hand. Erst im Herbst hat der Aufsichtsrat den Vertrag von Treichl bis 2020 verlängert. Damit sind Spekulationen vom Tisch, dass der 63-Jährige in Pension gehen könnte.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2016)