Steinmeier zu Österreich: "Grenzschließung nicht die Lösung"

APA/HERBERT P. OCZERET
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Deutschlands Außenminister sieht Österreichs Ankündigung, die Grenzen stärker zu sichern, kritisch.

Berlin. „Mein Rat ist, sich nicht vom Wunsch verführen zu lassen, dass man durch eine einzelne Maßnahme das Flüchtlingsproblem lösen wird.“ Mit diesen Worten reagierte Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf die österreichische Ankündigung, die Grenzen im Alleingang stärker kontrollieren zu wollen. „Die Lösung liegt nicht in der Grenzschließung“, sagte er heute, Dienstag, bei einem Gespräch mit ausländischen Journalisten im Auswärtigen Amt.

Zunächst gehe es beim weiteren Vorgehen Österreichs vor allem um eine innerösterreichische Diskussion – die beiden Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP müssten sich selbst einmal darüber einigen, in welche Richtung sie gehen. Am Mittwoch ist auch ein Gipfel mit den Landeshauptleuten zu diesem Thema geplant. Die Entscheidung , die dort getroffen wird, werde man einmal abwarten. „Ob wir dann auch das tun, was die Österreicher tun, hängt davon ab, was bei diesem Gipfel herauskommt“, so Steinmeier.

Abgesehen davon gehe es viel mehr darum, die Situation in den Herkunftsländern der Flüchtlinge zu verändern und Fluchtursachen wie Krieg und Gewalt zu beseitigen. „In Europa können wir vielleicht zehn Prozent des Problems lösen, aber 90 Prozent des Problems liegen in den Kriegsgebieten im nahen Osten.“ Genau dort müsse man nun ansetzen: „Die Beruhigung in Syrien ist der entscheidende Punkt.“ Aber auch die Nachbarländer Syriens müssten intensiv einbezogen werden. Zuletzt habe es etwa gute Gespräche mit Jordanien gegeben. „Es gab vor jordanischer Seite den Vorschlag, Arbeitsmöglichkeiten für syrische Flüchtlinge zu schaffen. Im Gegenzug dazu müsste Europa aber auch den Markt für daraus hervorgegangene Produkte öffnen“, so Steinmeier. Klar sei, dass das einige EU-Staaten, in denen die Landwirtschaft eine große Rolle spielt, kritisch sehen würden.

Ein Schlüsselland für die Lösung der Flüchtlingskrise sei auch die Türkei. Die habe bereits einige Dinge getan, etwa die Visumspflicht für Syrer wieder eingeführt. Aber die Türkei habe Visafreiheit mit vielen Staaten, und darüber müsse man diskutieren. Auch gehe es darum, dass in der Türkei Lebensbedingungen für Flüchtlinge geschaffen werden, etwa indem der Arbeitsmarkt für sie geöffnet wird. „Und wir werden sehen, was die Türkei tut, um die eigenen Außengrenzen besser zu sichern als bisher.“

Steinmeier gibt aber auch zu, dass hier von europäischer Seite noch Aufgaben zu erledigen sind. So wurden der Türkei von der EU drei Milliarden Euro für die Verbesserung der Unterbringung von Flüchtlingen zugesagt – hier fehle noch die Zustimmung einiger Länder, ehe das Geld freigegeben werden kann. „Und wir können von der Türkei nur erwarten, dass sie ihre Pflicht erfüllt, wenn die EU das auch tut.“

Kritik an Verzögerung der Hotspots

Unzufrieden zeigte sich der deutsche Außenminister auch mit den sogenannten Hotspots – hier liege man im Zeitplan weit zurück. Zur Ankündigung von EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos, dass die Hotspots in Griechenland und Italien in vier Wochen einsatzbereit seien, sagte er: „Ich kenne das nur aus den Medien, weiß nicht, was die Grundlage für diese Ankündigung war.“

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