Hypo: Kärnten bietet 75 Prozent

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Bis 11. März haben die Hypo-Gläubiger Zeit, das Angebot des Landes anzunehmen. Ob sie das machen, lässt sich noch nicht abschätzen – ebenso wenig die Folgen einer Ablehnung.

Wien. Das lange erwartete Angebot Kärntens an die Hypo-Gläubiger wird heute, Donnerstag, offiziell vorgelegt. Am Mittwoch wurde bereits die Summe bekannt gegeben: Für Anleihen mit einer Nominale von elf Milliarden Euro bietet Kärnten den Gläubigern 7,8 Milliarden. Das sei ein „seriöses Angebot“ und eine „vernünftige Lösung“, so Landeshauptmann Peter Kaiser. Finanzminister Hans Jörg Schelling sprach von einem „attraktiven Angebot“. Er habe schon erste positive Rückmeldungen von Gläubigerseite erhalten. Die wichtigsten Fragen zum Angebot:

1. Was bedeutet das Angebot an die Hypo-Gläubiger?

Eine vom Land Kärnten gegründete Sondergesellschaft bietet für die Hypo-Anleihen mit einer Nominale von 10,1 Milliarden Euro einen Kaufpreis von 75 Prozent. Für nachrangige Anleihen (eine Milliarde) gibt es 30 Prozent. Damit will das Land Kärnten die Haftungen über elf Milliarden Euro loswerden. Die Gläubiger haben jetzt eine Frist bis 11. März, um darauf einzusteigen. Das Angebot gilt als angenommen, wenn zwei Drittel der Gläubiger zustimmen. In diesem Fall gilt auch für die restlichen Gläubiger per Gesetz ein Schuldenschnitt.

2. Wie wahrscheinlich ist eine Annahme?

Das lässt sich im Moment überhaupt noch nicht abschätzen. Im Vorfeld haben wichtige Gläubiger angekündigt, ablehnen zu wollen und auf der Rückzahlung der gesamten Summe bestehen zu wollen. Die drei großen Gläubigerpools haben sich zusammengeschlossen und vertraglich vereinbart, keinem Verkauf ihrer Anleihen unter der Nominale zustimmen zu wollen. Und sie sollen auch Pönalezahlungen vereinbart haben. Da allein diese Gläubiger über fünf Milliarden Euro Hypo-Anleihen verfügen, könnten sie das Angebot blockieren. Die Münchener Rück hat gestern bereits dezidiert abgelehnt. Allerdings bleibt abzuwarten, ob da nicht etwas Theaterdonner im Vorfeld dabei war und ob sie jetzt zu einer anderen Linie finden. Immerhin liegt das Angebot über dem aktuellen Marktwert der Anleihen, der bei 68 Prozent, bzw. unter 30 Prozent bei den nachrangigen Anleihen liegt. Vor allem Banken und Versicherungen haben die Anleihen gemäß einer EZB-Empfehlung schon auf 50 Prozent abgeschrieben.

3. Wer trägt wie viel zum Angebot bei?

Das Land Kärnten trägt 1,2 Milliarden Euro bei. 500 Millionen davon kommen aus dem Zukunftsfonds, der einst aus dem Verkauf der Hypo an die Bayern gefüllt wurde. Sonst will das Land noch Immobilien verwerten. Und es bekommt für seinen Anteil eine Finanzierung des Bundes zu günstigen Konditionen. Der Rest wird ebenfalls vom Bund vorfinanziert und soll dann aus den Erlösen der Heta bezahlt werden, die das restliche Vermögen der Hypo verwertet. Sollte die Heta letztlich mehr erlösen als geplant, bekommen die Gläubiger einen Nachschlag.

4. Was passiert, wenn die Heta weniger erlöst als jetzt geplant?

Das ist noch ungeklärt. Das Land Kärnten hat schon angekündigt, für dieses Risiko nicht aufkommen zu wollen – und ist, da das Angebot formal von einer eigentümerlosen Sondergesellschaft kommt, rechtlich dazu auch nicht verpflichtet. Da der Bund die Zahlungen vorfinanziert, wird er wohl auch auf diesem Risiko sitzen bleiben.

5. Kann Kärnten die Haftungen tatsächlich nicht bedienen?

Das ist umstritten. Das Land sagt, mehr als die jetzt angebotenen 1,2 Milliarden Euro gibt es nicht, weil auch kein Vermögen vorhanden ist und weil die Einnahmen benötigt werden, um gesetzliche Aufgaben des Landes wie den Betrieb von Schulen oder Krankenhäusern zu erfüllen. Die Gläubiger dagegen sind der Ansicht, dass Kärnten nicht zahlungsunfähig, sondern zahlungsunwillig ist. Über einen längeren Zeitraum sei die Lücke zwischen den Heta-Erlösen und der gesamten Haftungssumme, also nach derzeitigem Stand rund 4,4 Milliarden Euro, angesichts von jährlichen Steuereinnahmen von zwei Milliarden Euro durchaus zu stemmen.

6. Wer besitzt Anleihen der Hypo Alpe Adria?

Unter den Gläubigern, die sich bisher gemeldet haben, befinden sich große Banken und Versicherungen wie die Commerzbank, Dexia oder die Helvetia Versicherung. Hedgefonds dürften bisher noch nicht bei Hypo-Anleihen eingestiegen sein. Ebenfalls betroffen von einem Schuldenschnitt wäre die Hypo Niederösterreich, die 225 Millionen Euro investiert hat. Und über die Pfandbriefstelle, die 1,2 Mrd. Euro an Hypo-Anleihen hält, wären alle Bundesländer und alle Landeshypos nochmals betroffen. Die Bundesländer bzw. deren Hypos müssten also zusammen 300 Millionen Euro abschreiben, die niederösterreichische Hypo nochmals 56 Millionen.

7. Was passiert, wenn die Gläubiger das Angebot ablehnen?

Dann ist ein langer Rechtsstreit garantiert. Der Kärntner Landeshauptmann, Peter Kaiser, hat angekündigt, in diesem Fall die Forderungen der Gläubiger prinzipiell bestreiten zu wollen. Die Gläubiger müssten also erst einmal das Land klagen. Bekommen sie recht, ist immer noch offen, ob und wie viel sie von ihrem Geld tatsächlich sehen, wenn Kärnten sich dann zahlungsunfähig erklärt. Man kann auch davon ausgehen, dass die Gläubiger sich nicht auf den Rechtsweg in Österreich beschränken, sondern auch vor internationalen Gerichten klagen werden.

8. Was passiert, wenn Kärnten in Konkurs geht?

Eine Konkursordnung für Bundesländer gibt es in Österreich nicht, was die Vorgangsweise im Falle einer Zahlungsunfähigkeit einigermaßen kompliziert macht. Vermutlich müsste ein Masseverwalter bestellt werden, der die Landesregierung quasi unter Kuratel stellt und bei allen Ausgaben mitentscheidet. Klar ist, dass das Bundesland seine gesetzlichen Aufgaben weiterhin erfüllen muss. Wo aber die Abgrenzung zwischen notwendigen und unnotwendigen Ausgaben besteht, ist noch völlig offen. Ebenso sind negative Auswirkungen auf das Rating anderer Bundesländer und auch des Bundes möglich, womit ein Konkurs Kärntens auch zu einer Belastung des Bundesbudgets führen würde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2016)

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