EU: Neue Hürden gegen Steuerflucht

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Die EU-Kommission will internationalen Konzernen das Steuersparen vermiesen.

Brüssel/Wien. Apple entdeckt seine Liebe zu Italien. In Neapel baut der amerikanische Elektronikhersteller derzeit ein Entwicklerzentrum auf, in dem 600 Studenten lernen sollen, Apps für das Apple-Betriebssystem iOS zu entwickeln. Die wirtschaftlich schwache Region freut sich über den Coup und Apple-Chef Tim Cook ist voll des Lobes über das Land. Aber warum zieht es das Unternehmen ausgerechnet nach Süditalien?

Hintergrund der kuriosen Investition ist offenbar ein Vergleich, den Apple jüngst im Steuerstreit mit der italienischen Staatsanwaltschaft geschlossen hat. Italien beschuldigte das Unternehmen, rund eine Milliarde Euro an Steuern hinterzogen zu haben. Der Konzern rechnete das Italien-Geschäft – wie bei manchen Großkonzernen in Europa mittlerweile Usus – lieber steuerschonend über die Tochter in Irland ab. Für 318 Millionen Euro Nachzahlung entkam Apple einem langwierigen Gerichtsverfahren. Nicht einmal die Hälfte des Streitwerts – dafür hat Neapel nun ein hübsches Entwicklerzentrum.

Der EU-Kommission in Brüssel sind derartige Steuervermeidungspraktiken internationaler Unternehmen in Europa längst ein Dorn im Auge. In der kommenden Woche will EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici daher konkrete Vorschläge vorstellen, wie die bekannten Schlupflöcher geschlossen werden sollen, berichten mehrere Medien. Künftig solle es zum Beispiel nicht mehr so einfach wie bisher sein, mit Zinszahlungen an Töchter in Niedrigsteuerländern den steuerpflichtigen Gewinn zu drücken, meldet die „Financial Times“. Die betroffenen Unternehmen deponierten ihre Kritik bereits im Vorfeld beim britischen Finanzministerium und nannten derartige Pläne „unnötig und möglicherweise schädlich“.

Wer geht, zahlt Exit-Steuer

Die EU-Kommission plant unterdessen noch mehr: So will es die Behörde Unternehmen wie Apple, Starbucks oder Fiat auch schwerer machen, Betriebsteile in ein Land mit niedrigen Steuersätzen zu verlagern. Für diese Fälle sei eine Exit-Steuer geplant. Eine Steuerbefreiung für im Ausland erzielte Erträge solle den Plänen zufolge nicht mehr möglich sein.

Ein zweiter Richtlinienentwurf sieht nach Informationen der Zeitung eine bessere Information der Finanzämter durch Unternehmen vor. Konzerne müssen demnach künftig die Höhe der Gewinne und der darauf abgeführten Steuern je Staat beim Fiskus angeben. Diese Transparenzregel werde den Plänen zufolge für alle Unternehmen mit einem Jahresumsatz ab 750 Millionen Euro gelten. Banken und Versicherungen seien von diesen Plänen vorerst ausgenommen, so die „Financial Times“. Für diesen Sektor würde die Kommission an eigenen Vorschriften arbeiten.

Die EU setzt mit den beiden Entwürfen Teile eines internationalen Projekts gegen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen international agierender Konzerne um. An diesem Projekt wirken die G-20-Staaten und die Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit. (auer/ag)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2016)

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