Europol warnt vor schweren IS-Anschlägen in Europa

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Die Terror-Miliz verfüge über "neue gefechtsartige Möglichkeiten", warnt die europäische Polizeibehörde. Es drohten Angriffe in "naher Zukunft".

Die europäische Polizeibehörde Europol hat vor groß angelegten Anschlägen durch die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Europa gewarnt. IS verfüge über "neue gefechtsartige Möglichkeiten", um weltweit "eine Reihe groß angelegter Terroranschläge" zu verüben, sagte Europol-Direktor Rob Wainwright am Montag in Amsterdam. Auf acht Seiten beschreibt Europol in einem neuen Bericht die Terrorgefahr für Europa: Die Pariser-Anschläge und nachfolgende Ermittlungen legen demnach nahe, dass der IS nun eine globale Strategie verfolgt. Diese Strategie beinhalte Anschläge "speziell in Frankreich", aber "möglicherweise auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten". Und zwar "in der nahen Zukunft".

Der IS habe für diese Auslandsoperationen auch eine eigene Kommandostruktur geschaffen. Die Anschläge würden jedoch durch lokale Terrorzellen durchgeführt, die mit Blick auf die Auswahl ihrer Ziele "taktische Freiräume" hätten. Auch das mache es den Ermittlern so schwer, Anschlagspläne aufzudecken. Wie berichtet, sollen zwei der Attentäter von Paris als Flüchtlinge getarnt nach Europa gekommen sein. Es gebe derzeit aber keine konkreten Hinweise, dass der Flüchtlingsstrom systematisch zur Einschleusung von Terroristen genutzt würde, schreibt Europol. "Allerdings sei es möglich, dass sunntische syrische Flüchtlinge für die Radikalisierung durch islamistische Rekruten in Europa anfälliger sind."

In dem Bericht wird auch eine Art Psychogramm der IS-Terroristen erstellt: Demnach seien in mindenstens 20 Prozent der Fälle schon vor der Rekrutierung durch den IS "psychische Probleme" bekannt gewesen. Ein großer Teil der "foreign fighters" sei durch Kleinkriminalität aufgefallen.

Neues Anti-Terrorzentrum

Europol-Direktor Rob Wainwright stellte den Bericht am Rande des Treffens der EU-Innenminister anlässlich der Arbeitsaufnahme des neuen Europol-Anti-Terrorzentrums vor. Das Zentrum sei "ein wichtiger Schritt vorwärts", um eine "aggressive, neue Form des internationalen Terrorismus zu bekämpfen", so Wainwright. In dem Zentrum werden vorerst 40 bis 50 Experten arbeiten, die insbesondere einen besseren Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen sollen.

Schon gestern war bekannt geworden, dass Frankreich 2015 mehrere mit den Pariser Anschlägen vergleichbare Attacken vereitelt hat. Im Vorjahr seien elf Anschläge verhindert worden "von der Art wie die vom 13. November", so Innenminister Bernard Cazeneuve am im TV-Sender France 5. "Einer davon drohte ein Konzert in einem Veranstaltungssaal anzugreifen, andere drohten mit massiven tödlichen Anschlägen gegen Franzosen auf Straßen und in Städten", sagte der Innenminister.

Frankreich hatte als Antwort auf die IS-Anschläge den Ausnahmezustand verhängt, der nun verlängert werden soll. Dem Europarat gefällt das nicht. Generalsekretär Thorbjörn Jagland schrieb in einem am Montag veröffentlichten Brief an den französischen Präsidenten Francois Hollande, er habe diese Absicht "mit Sorge zur Kenntnis genommen". Jagland warnte vor "Risiken, die aus den Befugnissen resultieren können, die der Exekutive übertragen werden".

"Tötet Sie, wo Ihr sie findet"

Die Jihadistenmiliz IS  hat indes ein neues Propagandavideo veröffentlicht, in dem Drohungen gegen alle Länder der Anti-IS-Koalition ausgesprochen werden und das offenbar auch die Pariser Attentäter zeigt. Das Video wurde am Sonntagabend über das IS-Medienportal "Al-Hayat" und islamistische Websites verbreitet und enthält auch Fotos der französischen und britischen Staatsführung.

Das Video ist knapp 18 Minuten lang und trägt den Titel "Tötet sie, wo Ihr sie findet". Darin werden vier Belgier, drei Franzosen und zwei Iraker als die Täter präsentiert, die am 13. November in Paris eine Reihe von Bars und Restaurants, den Konzertsaal Bataclan sowie die Fußballarena Stade de France attackiert hatten. Damals waren 130 Menschen getötet worden.

(APA/AFP)

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