Kommunalkredit-Affäre: Was wusste Schmied?

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Die Vergangenheit bei der Kommunalkredit holt Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) ein. Die Staatsanwaltschaft interessiert sich für das Gutachten über die Verantwortung des Vorstands.

Wien. Die Justiz wartet schon auf das Gutachten der Prüfungsgesellschaft Deloitte, das den früheren Vorstand der Kommunalkredit und damit auch Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) belasten soll. „Wir ermitteln in der Causa heftig. Wir gehen davon aus, dass wir das Gutachten von der Kommunalkredit zur Verfügung gestellt bekommen“, sagt Staatsanwältin Michaela Schnell zur „Presse“. Weitere Details verrät sie nicht.

Die Kommunalkredit hat sich mit riskanten Finanzgeschäften verspekuliert und fuhr im Vorjahr ein Minus von 2,6 Mrd. Euro ein. Das ist der größte Verlust, den jemals eine österreichische Bank erwirtschaftet hat. Ohne die Übernahme des Staates wäre das Institut in die Pleite geschlittert. Bereits im Frühjahr waren dazu bei der Staatsanwaltschaft mehrere Anzeigen eingelangt. Ermittelt wird gegen 22 Personen wegen des Verdachts der Untreue und der fahrlässigen Krida.

Hohe Risken eingegangen

In erster Linie geht es um Ex-Kommunalkredit-Chef Reinhard Platzer, der alle Vorwürfe bestreitet. Aber auch die Verantwortung von Unterrichtsministerin Schmied, die vor ihrem Regierungseintritt von 2004 bis Ende 2006 im Vorstand der Kommunalkredit gearbeitet hat, wird hinterfragt. Es gilt für alle die Unschuldsvermutung.

Im Auftrag des Staates hat der Kommunalkredit-Vorstand bei Deloitte ein Gutachten in Auftrag gegeben. Aufgabe der Prüfer ist es, die Hintergründe des Debakels zu beleuchten. Die vollständige Expertise soll in den nächsten Wochen vorliegen, erste Details sind aber bereits durchgesickert. Erhärten sich die Vorwürfe, droht unter Umständen eine harte juristische Auseinandersetzung.

Laut Deloitte-Entwurf soll der Kommunalkredit-Vorstand den Aufsichtsrat nicht ausreichend über die eingegangenen Risken informiert haben. Die Bank habe in Papiere investiert, die „nicht ohne Weiteres als risikolos“ eingestuft und als „exotische Nischenprodukte“ bezeichnet werden können, schreibt das „Profil“ mit Bezugnahme auf den Entwurf.

Ein Sprecher von Unterrichtsministerin Schmied wollte darauf nicht eingehen. „Wir kennen das Gutachten und den Entwurf nicht. Daher können wir nichts dazu sagen“, so der Sprecher zur „Presse“. Schmied sei in der Bank mit den Arbeitsbereichen „Finanzierung, Umweltförderung und IT“ befasst gewesen und nicht mit dem Treasury (Wertpapiergeschäft).

Umstrittene Zypern-Geschäfte

Allerdings gibt es in Vorständen laut Gesetz eine Kollegialverantwortung. Laut „Presse“-Informationen saß Schmied im „Board of Directors“ der „Kommunalkredit International Bank“ auf Zypern. Sie war dort eine von drei „Non Executive Directors“ (vergleichbar mit einem Aufsichtsrat). Ein Teil der hochriskanten Wertpapiergeschäfte wurde aus steuerlichen Gründen über Zypern abgewickelt. Alleine im Jahr 2005 – als Schmied im Vorstand war – wurde das Volumen der umstrittenen Credit Default Swaps (CDS), eine Art Kreditversicherung, in der Kommunalkredit-Gruppe auf fast sieben Milliarden Euro verdoppelt.

Nach Angaben von Schmieds Sprecher wurde das Institut laufend von seinen Eigentümern, der österreichischen Volksbanken AG und der französischen Dexia Bank, geprüft. Außerdem sei die Tätigkeit der Bank „auf bonitätsmäßig einwandfreie Transaktionen“ ausgerichtet gewesen.

Doch mit der Erklärung gibt sich die Opposition nicht zufrieden. Die Grünen, das BZÖ und die FPÖ verlangen „umfassende Aufklärung“. Laut Werner Kogler, Wirtschaftssprecher der Grünen, muss die Verantwortung der Ministerin geklärt werden. „Ich frage mich, ob Schmied blind gewesen ist oder einfach weggeschaut hat. Denn die Zypern-Tochter war wie ein Hedgefonds“, so Kogler zur „Presse“. Er fordert eine Prüfung durch den Rechnungshof, da die Kommunalkredit jetzt dem Staat gehört. Kogler: „Der Steuerzahler muss das Debakel ausbaden. Daher kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.“

AUF EINEN BLICK

Die Staatsanwaltschaft geht den Hintergründen des Kommunalkredit-Debakels nach. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Untreue und der fahrlässigen Krida. In erster Linie geht es um Ex-Kommunalkredit-Chef Reinhard Platzer, der alle Vorwürfe bestreitet. Aber auch die Verantwortung von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ), die vor ihrem Regierungseintritt im Vorstand der Kommunalkredit gearbeitet hat, wird hinterfragt.

Gutachten. Laut ersten Details eines Deloitte-Gutachtens soll der Vorstand den Aufsichtsrat nicht ausreichend über die eingegangenen Risken informiert haben. Die Kommunalkredit hat im Vorjahr einen Verlust von 2,6 Mrd. Euro erwirtschaftet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2009)

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