Hofburg-Wahl: Wenn Küsschen die Fairness stören

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Ein Pakt soll dafür sorgen, dass es im Präsidentschaftswahlkampf korrekt zugeht. Im Gesetz wurde auf Sanktionen nämlich schlicht vergessen. Doch ein Abkommen schützt auch nicht vor Streit, wie die Vergangenheit zeigt.

Wien. Alexander Van der Bellen will es. Irmgard Griss hat es als Erste verlangt. Und auch Andreas Khol und Rudolf Hundstorfer möchten gerne darüber verhandeln. Denn ein Fairnessabkommen soll einen korrekten Hofburg-Wahlkampf garantieren.

Doch ein Blick in die Vergangenheit zeigt: So richtig schützt ein Fairnessabkommen nicht vor Streitigkeiten im Wahlkampf. Man denke nur an das Jahr 2004, als mit Heinz Fischer und Benita Ferrero-Waldner bloß zwei Bewerber um das Amt in der Hofburg ritterten. Samt Fairnessabkommen und Schiedsgericht, für das mit dem früheren Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs, Ludwig Adamovich, auch ein honoriger Vorsitzender gefunden wurde.

Er hatte wohl nicht geahnt, mit welchen Fragen er sich dann beschäftigen musste. Die ÖVP beschwerte sich, weil Manner-Schnitten mit dem Konterfei Fischers verteilt wurden. Ein Verstoß gegen das Fairnessabkommen, in dem kostenlose Wahlgeschenke verboten wurden? Man wisse doch gar nicht, woher diese Schnitten kämen, beteuerte die SPÖ.

Auch Osterhase Fall für Gericht

Doch auch die rote Reichshälfte fand ein mögliches Vergehen der ÖVP. So soll Ferrero-Waldner bei einer Veranstaltung in Melk „Ferrero-Küsschen“ verteilt haben. Und nicht nur das, den Wiener Sängerknaben soll Ferrero-Waldner kurz vor Ostern sogar einen Schokoladehasen geschenkt haben.

Adamovichs Gericht wies – ohne die Zeugen der Parteien zu hören – alle Süßigkeitsbeschwerden als „nicht justiziabel“ zurück. Denn das Schiedsgericht könne nur über Fälle entscheiden, in denen Kosten beziffert werden, das sei hier nicht möglich gewesen.

Auch der Fall eines angeblich gestohlenen Werbespruchs erhitzte die Gemüter. So soll Ferrero-Waldner Fischer den Slogan „Politik braucht ein Gewissen“ gestohlen haben. Auch hier kam es zu keiner Verurteilung, wenngleich Adamovich betonte, dass die Vorgangsweise der ÖVP „den gesellschaftlichen Wertvorstellungen über Fairness nicht entsprochen hat“.

Am Ende zogen übrigens beide Parteien alle Beschwerden vor dem Schiedsgericht zurück und versprachen, für den Rest des Wahlkampfs artig zu sein. Geldstrafen waren ohnedies nicht vorgesehen. Fischer gewann die Wahl, Adamovich wurde juristischer Berater des Bundespräsidenten und konnte sich so doch noch mit wirklich staatstragenden Fragen beschäftigen.

Im Jahr 2012 wurde eine Art Fairnessübereinkommen sogar im Gesetz festgeschrieben. Bei Nationalratswahlen und auch für die Bundespräsidentschaftswahl darf man nicht mehr als sieben Millionen Euro ausgeben, pro Partei bzw. Hofburg-Kandidat.

Zahnlose Regeln im Gesetz

Das Dumme ist nur: Im Gegensatz zu Nationalratswahlen ist das Gesetz bei der Kür des Präsidenten zahnlos. Denn man hat beim Beschluss des Gesetzes 2012 schlicht vergessen, Sanktionen für Präsidentschaftsbewerber, die zu viel ausgeben, festzulegen. An den Rechnungshof melden müssen Hofburg-Kandidaten zudem nur Einnahmen, nicht aber ihre Ausgaben.

Aber vielleicht bringt ja ein Fairnessabkommen noch eine geringere Ausgabengrenze, Transparenz und spürbare Sanktionen. Bei ernsthaften Verstößen. Es muss ja nicht immer um Schokolade gehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2016)

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