Staatsschutz: Die Eckpunkte des neuen Gesetzes

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Die Regierung will die Befugnisse der Ermittler und das Bundesamt für Terrorismus und Verfassungsschutz aufwerten. In Verhandlungen im Parlament wurden noch einige Punkte abgeschwächt.

Klare Verhältnisse für den Verfassungsschutz und damit auch den Kampf gegen Terrorismus möchte die Regierung mit dem neuen Staatsschutzgesetz schaffen. Dafür werden sowohl die Befugnisse der Ermittler gebündelt als auch das Bundesamt für Terrorismus und Verfassungsschutz (BVT) aufgewertet. In Verhandlungen im Parlament wurden noch einige Punkte abgeschwächt. Die Eckpunkte des Gesetzes im Detail:

Aufgaben. Staatsschutz-Aufgaben, die bisher im Sicherheitspolizeigesetz standen, gehören nun ins Polizeiliche Staatsschutzgesetz (PStSG). Damit soll klargestellt sein, wer in der Polizei die Verfassung schützen und etwa gegen Terroristen kämpfen darf und welche Maßnahmen erlaubt sind. Besondere Vorfeldermittlungen dürfen ausschließlich vom BVT durchgeführt werden, das für den Schutz vor "terroristisch, ideologisch oder religiös motivierter Kriminalität" sowie vor Spionage ebenso zuständig wie für die Bekämpfung von Proliferation (Verbreitung von Massenvernichtungswaffen).

Befugnisse. Das BVT darf ziemlich viel, um seine Aufgaben zu erfüllen. Heikel ist das nicht zuletzt, weil es wohl oft darum gehen wird, Verbrechen zu verhindern, anstatt - wie bei "normaler" Polizei-Arbeit - ein bereits verübtes Delikt aufzuklären. Die sogenannte "Erweiterte Gefahrenerforschung" ist hier ein wesentliches Instrument: nämlich die Beobachtung einer Gruppierung, wenn die Ermittler Grund zur Annahme zu haben glauben, "dass es zu mit schwerer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verbundener Kriminalität, insbesondere zu weltanschaulich oder religiös motivierter Gewalt kommt".

Delikte. Kritiker stießen sich am umfangreichen Deliktkatalog, in den parlamentarischen Verhandlungen wurde nun noch einiges abgeschwächt. Als verfassungsgefährdender Angriff gelten können unter anderem terroristische Straftaten, der Zusammenschluss, die Ausbildung und die Anleitung dafür; auch das Anführen von "Landfriedensbruch", Verhetzung, die zu Gewalt und Hass aufstachelt, oder die Bildung bewaffneter Verbindungen ist, wenn "ideologisch oder religiös motiviert", ein Fall für das PStSG. Landesverrat, Preisgabe von Staatsgeheimnissen oder ein Angriff auf oberste Organe auch mittels Computer-Hacks sind ebenfalls entsprechende Delikte, sofern sie auf Terrorismus abzielen. Nicht mehr enthalten sind gegenüber ersten Plänen die "Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole", die "Vorbereitung eines Hochverrats" sowie Aufforderung zu bzw. Gutheißung von mit Strafe bedrohten Handlungen.

Ermittlungsmethoden. Für Debatten sorgte im Vorfeld die Möglichkeit, sogenannte Vertrauenspersonen ("V-Personen") von außerhalb des Behörden-Apparats, also sogenannte V-Leute, anzuwerben. Auch hier wurde noch abgeschwächt: Für sie wird es keine gefälschten Urkunden geben, Ausspähungsmaßnahmen ("Verletzung des Hausrechts") sind ihnen nicht erlaubt.

Telekom-Technologien werden ausgiebig genutzt: Verbindungsdaten, unter gewissen Umständen auch über Stammdaten, IP-Adressen oder Standortdaten. Die Speicherung der Ermittlungsdaten ist für fünf Jahre erlaubt (jene von Kontakt- und Begleitpersonen für drei Jahre), personenbezogene Daten sind aber zu löschen, wenn davon auszugehen ist, dass sie nichts mehr zur Ermittlung beitragen. Umgekehrt ist es erlaubt, dass solche Daten bis zu sechs Jahre aufgehoben werden, wenn von den Betroffenen erneut Gefahr erwartet werden kann.

Rechtsschutz. Von Kritikern als zahnlos gescholten wird der Rechtsschutz durch den schon bisher im Innenministerium angesiedelten Rechtsschutzbeauftragten und seine beiden Stellvertreter, die - beschränkt auf Fälle verdeckter Ermittlung und bei Verkehrsdatenauskunft - in einem Rechtsschutzsenat zusammengefasst werden soll. Die allerorten verlangte richterliche Kontrolle gibt es nicht, wenn auch vorgesehen ist, dass im Bund der drei zumindest ein langjähriger Richter oder Staatsanwalt sein muss. Der Rechtsschutzbeauftragte muss jeweils im Voraus um Genehmigung ersucht werden, wenn es etwa um Maßnahmen innerhalb der "Erweiterten Gefahrenerforschung" geht. Die Analysedatenbank des Staatsschutzes wird durch ihn kontrolliert.

Betroffene werden vom Rechtsschutzbeauftragten über die gegen sie gesetzten Maßnahmen informiert, wobei eine Aufschiebung unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist. Der Rechtsschutzbeauftragte erstellt einen jährlichen Bericht, der ans Parlament geht. Auch er selbst kann sich an den zuständigen Unterausschuss im Nationalrat wenden, der wiederum jederzeit Auskunft vom Beauftragten einfordern kann.

Neu gegenüber der Regierungsvorlage ist, dass auch für den Geltungsbereich des Staatsschutzgesetzes der Schutz von Berufsgeheimnissen von Anwälten oder Journalisten gilt - analog zu den Bestimmungen in der Strafprozessordnung.

(APA)

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