Iran: Am Wein sollten die Geschäfte nicht scheitern

François Hollande rollte den roten Teppich für den iranischen Präsidenten Hassan Rohani aus.
François Hollande rollte den roten Teppich für den iranischen Präsidenten Hassan Rohani aus.(c) APA/AFP/BERTRAND GUAY
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Beim Europa-Besuch des iranischen Präsidenten, Hassan Rohani, versuchte Frankreichs Präsident Hollande, Peinlichkeiten wie jüngst in Rom zu vermeiden. Den Wein verbannte er vom Tisch – anders als einst Jacques Chirac.

Wien/Paris. Es hätte wahrlich Grund genug gegeben, mit einem Gläschen Champagner oder einem Bordeaux auf den Deal anzustoßen, den die französische Regierung und führende Unternehmer gerade in Paris fixiert hatten – wenn dies nicht gegen die strikten Prinzipien der Geschäftspartner und ihres Modells des schiitischen Gottesstaats verstoßen würde. Obwohl manche aus der 100-köpfigen hochkarätigen iranischen Delegation im Geheimen wohl durchaus dem Alkohol zusprechen, wie westliche Diplomaten und Geschäftsleute bezeugen.

Nicht nur lukrierte das deutsch-französische Konsortium Airbus einen Auftrag über mehr als 100 Passagierflugzeuge aus dem Iran; auch Peugeot – schon jetzt ein Fixpunkt im Straßenbild Teherans – sicherte sich ein Joint Venture mit dem Mullah-Regime.

Als Jacques Chirac Non sagte

Für die französische Exportwirtschaft eröffnen sich also glänzende Aussichten, und die Pariser Diplomatie dachte nicht daran, diese Perspektiven um des Protokolls willen aufs Spiel zu setzen: Am Wein sollten die Geschäfte nicht scheitern. 1999 hatte Präsident Jacques Chirac einen Staatsbesuch seines iranischen Amtskollegen, Mohammed Khatami, noch kurzerhand abgesagt, weil die iranischen Beamten darauf bestanden hatten, dass beim Staatsbankett kein Wein kredenzt werde – ein „Comme il faut“, ein obligater Bestandteil, für das seit Jahrhunderten gepflegte Protokoll, das auch die Fünfte Republik hochhält. Im Übrigen kam das Treffen zwischen Chirac und Khatami nach ein paar Monaten doch noch zustande. Beim nachmittäglichen Imbiss stand Wein nicht mehr auf dem Menü.

So hielt es François Hollande gestern auch mit Hassan Rohani, einem Schützling Khatamis, und wie sein Mentor trägt auch er das freundliche Antlitz des Regimes in der Welt zur Schau. Hollande rollte ihm im Invalidendom – dem Ort für die großen Staatsakte – beim hochoffiziellen Empfang den roten Teppich aus. Vor zehn Wochen waren die Zeichen noch auf diplomatische Konfrontation gestanden. Im Vorfeld einer geplanten Rohani-Visite in Paris hatte sich neuerlich eine Kontroverse um die leidige Weinfrage entsponnen. Die Anschläge vom 13. November vertagten den Konfliktpunkt im Protokoll. Sie führten schließlich zur Absage des Europa-Besuchs Rohanis in Rom und Paris, den er nun diese Woche nachholte – allerdings nicht ohne weitere heikle diplomatische Verwicklungen.

Der Wiener Atompakt und die Aufhebung der Sanktionen vor zwei Wochen haben aus dem Paria-Staat Iran indessen einen umworbenen Partner gemacht, der nicht nur Milliardenaufträge zu vergeben hat. In der Geopolitik im Nahen und Mittleren Osten, im Syrien-Krieg, in der Flüchtlingskrise, im Kampf gegen die IS-Terrormilizen fällt dem Iran als Verbündeten Assads und Putins eine Schlüsselrolle zu. In Gesprächen mit Hollande, mit Renzi und Papst Franziskus kamen die neue politische Rolle Teherans und die seit Jahr und Tag genährte Hoffnung auf einen positiven Effekt zur Sprache. Die Janusköpfigkeit des Mullah-Regimes zeigte sich aber zuletzt beim Holocaust-Gedenktag und den antiisraelischen Tiraden des Ayatollah Ali Khamenei, des obersten Führers.

In Rom hatte die Verhüllung der Statuen auf dem Kapitol, darunter der Venus, derweil ein politisches Nachspiel. Über der Regierung von Matteo Renzi schlugen die Wogen der Entrüstung zusammen. Aus der Opposition, seitens der Kommentatoren und in den sozialen Netzwerken ergoss sich Häme über die „Unterwerfung“ Renzis. Karikaturisten spießten die Geste auf. „Wohin haben Sie mich gebracht?“, fragte ein entgeisterter Rohani angesichts der mit weißen Schachteln drapierten Statuen. „Zu Ikea?“ Renzi und sein Kulturminister wiesen jede Verantwortung von sich. Schuld sei ein allzu eilfertiger Protokollbeamter des Außenministeriums in Rom, mutmaßten italienische Blätter.

Ob auch Heinz Fischer in den letzten Monaten seiner Amtszeit in derlei Verlegenheiten kommen könnte? Erst neulich hat der Präsident seine Wien-Einladung an Rohani bekräftigt. Ein Termin sei noch nicht fixiert, hieß es aus der Hofburg, und deshalb sehe man die Angelegenheit mit Gelassenheit: Es gebe nichts zu verstecken oder zu verhüllen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2016)

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