OMV: Ausgeräumt und ausgeträumt

File photo of the logo of Austrian oil and gas group OMV pictured on an oil tank at the refinery in Schwechat
File photo of the logo of Austrian oil and gas group OMV pictured on an oil tank at the refinery in Schwechat(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Milliardenabschreibung bei der OMV. Der niedrige Ölpreis ist aber nicht schuld an der Misere, er deckt nur alte Wunden der OMV auf: Der Konzern produziert zu teuer, ist hoch verschuldet und leidet unter allzu hungrigen Aktionären.

Wien. Ein Fass Erdöl kostet fast ein Viertel mehr als noch vor zehn Tagen. Gereicht hat dieses Zwischenhoch an den Börsen aber nicht. Die immer noch niedrigen Öl- und Gaspreise zwingen die heimische OMV zur zweiten Milliardenabschreibung binnen weniger Monate. Erst im Sommer musste das Unternehmen eine Milliarde Euro an Wertberichtigungen vornehmen, am Freitag folgten weitere 1,8 Mrd. Euro an Abschreibungen und Rückstellungen für Öl- und Gasfelder, Explorationsprojekte und Flüssiggasterminals. Damit ist klar: Inklusive Sondereffekte wird unter dem Strich heuer kein Gewinn stehen. Im Vorjahr machte die OMV netto 613 Mio. Euro Gewinn, weniger als ein Viertel der Wertberichtigungen im laufenden Jahr. Statt wie bisher mit 55 Dollar je Fass kalkuliert die OMV nun mit 40 Dollar in 2016. Bis 2019 soll der Preis schrittweise auf 70 Dollar steigen.

Die Schuld an der Misere des teilstaatlichen Unternehmens ist aber nicht an den Börsen zu suchen. Der niedrige Ölpreis deckt nur alte Fehler auf, die lange Zeit übersehen wurden. „Wo der Ölpreis steht, ist uns egal“, sagt der neue OMV-Chef Rainer Seele zur „Presse“. „Wir müssen wieder wettbewerbsfähig werden.“ Derzeit ist die OMV davon weit entfernt. Das Unternehmen produziert um ein Zehntel teurer als die Konkurrenz, steht mit sechs Milliarden Euro in der Kreide und leidet unter allzu hungrigen Aktionären.

Schulden für die Dividende

So haben die Eigentümer – auch die Republik Österreich – in den vergangenen Jahren einiges zur schwachen Finanzposition der OMV beigetragen. Diese wurde jahrelang als Paradeunternehmen gefeiert – und vom Dritteleigner Österreich entsprechend zur Kasse gebeten. Seit der Jahrtausendwende spülte der Konzern über eine Milliarde Euro an Dividende in den Staatshaushalt. Wirklich leisten konnte sich das die OMV auch bei einem Ölpreis jenseits der hundert Dollar nicht (siehe Grafik). Als internationale Messgröße dient dafür der Free Cash Flow. Er verdeutlicht, wie viel Geld für die Aktionäre eines Unternehmens wirklich übrig ist. Aus ihm können Dividenden ruhigen Gewissens bezahlt werden.

Mit Ausnahme von 2012 musste die OMV in den vergangenen fünf Jahren aber jedes Mal Schulden aufnehmen, um die Begehrlichkeiten der Eigentümer zu stillen. Besonders krass zeigt sich dieser Schaden im Vergleich mit internationalen Ölkonzernen. Die norwegische Statoil und die italienische Eni konnten ihre Dividenden im selben Zeitraum doppelt so oft aus dem Free Cash Flow bezahlen. Shell, BP und Repsol schafften es sogar drei Mal so oft. Einzig die französische Total musste ähnlich stark bluten wie die OMV.

Ist die OMV in zehn Jahren trocken?

Aber auch strategisch hat die OMV einiges an Vergangenheitsbewältigung vor sich. Denn selbst in Jahren mit hohem Ölpreis konnte das Unternehmen die auslaufenden Produktionen zuletzt nicht ersetzen. Drastisch gesprochen: Erschließt die OMV keine neuen Quellen, ist das Unternehmen in zehn Jahren trocken. Auch die teure Expansion des früheren OMV-Generals Gerhard Roiss in die Nordsee hat hier nicht entscheidend geholfen. Ein weiteres Sparprogramm und eine Bremse bei Investitionen sollen der OMV kurzfristig Luft verschaffen. Der komplette Rückzug aus der Nordsee ist jedoch unmöglich, weil das Unternehmen dort noch Investitionsverpflichtungen von bis zu acht Mrd. Euro hat. Bis 2020 fließen neun von zehn Euro der OMV in die wenig rentable Nordsee.

Die Suche nach günstigeren Alternativen gestaltet sich unterdessen schwierig. Das Unternehmen steht vor einem Abschluss in den Vereinigten Arabischen Emiraten, im Iran interessiert man sich für zwei Ölfelder – und mit der russischen Gazprom strebt Rainer Seele den Tausch von Vermögenswerten an. Für einen Viertelanteil am sibirischen Gasfeld Urengoy sollen die Russen an bestimmten Assets der OMV beteiligt werden. Der Vorteil: Bares braucht die OMV für den Deal nur wenig. Der Nachteil: Viele im Land sehen darin eine „Privatisierung der OMV durch die Hintertür“. Vor allem ein kolportierter Tausch des Gasfeldes gegen einen Anteil an der Raffinerie Schwechat stößt auf großen Widerstand. Dass die Raffinerie Teil der Verhandlungen ist, wurde nie bestätigt. Ausschließen wollte Seele dies auf Anfrage aber nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2016)

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