OMV: Niedriger Preis, hoher Druck

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Der Konzern muss aufgrund des gefallenen Ölpreises für 2015 wohl nicht nur einen Milliardenverlust ausweisen. Sie muss auch zunehmend mit teuren Maßnahmen ihr Rating verteidigen.

Wenn es ein Thema gibt, das für Unternehmen derzeit eigentlich kein Problem sein sollte, dann sind es die Kosten von Fremdkapital. So mag das Fluten der Märkte mit Geld durch die Notenbanken zwar zu Blasen an den Aktien- und Immobilienmärkten führen, wer jedoch derzeit einen Kredit braucht, der kann sich über nahezu paradiesische Zustände freuen. Selten zuvor war geliehenes Kapital so billig. Davon profitieren nicht nur die kleinen Häuslbauer, sondern auch große heimische Konzerne. Etwa der Verbund. Er begab vor etwas über einem Jahr eine Anleihe im Ausmaß von 500 Millionen Euro. Der dafür notwendige Zinssatz: schlanke 1,5 Prozent.

Etwas verwunderlich mutete unter diesen Voraussetzungen auf den ersten Blick ein Schritt der OMV per Ende November des Vorjahres am Kapitalmarkt an. Der heimische Ölkonzern – der sich bei Renommee und Bonität wohl nicht hinter seinem Pendant aus der Stromwirtschaft verstecken muss – holte sich in zwei Tranchen gleich 1,5 Milliarden von Fremdkapitalgebern. Allerdings legte die OMV dafür deutlich mehr Geld auf den Tisch. Sie bezahlt bis zu 6,25 Prozent dafür. Mehr als viermal so viel wie der Verbund.

Ohne Grund bezahlt niemand viermal so viel wie notwendig, das war allen Beobachtern sofort klar. Und ein Blick auf die Art des Kapitals, das von der OMV auf dem Markt aufgenommen wurde, verriet auch schnell den Hintergrund der Transaktion. Die OMV holte sich nämlich sogenanntes Hybridkapital ins Haus. Darunter versteht man Anleihen, die gegenüber anderen Krediten nachrangig gestellt sind. Für dieses höhere Risiko fordern die Kapitalgeber eben auch gut viermal höhere Zinsen. Allerdings hat dieses Hybridkapital auch einen wunderbaren Vorteil gegenüber normalen Anleihen – laut den internationalen Bilanzierungsrichtlinien darf man es zum Eigenkapital rechnen.


Milliardenverlust

Die OMV holte sich im Spätherbst also 1,5 Milliarden an Fremdkapital, das sie in ihrer Bilanz als Eigenkapital ausweisen darf. Warum? Die Antwort auf diese Frage dürfte der vergangene Freitag gegeben haben. Da gab der Konzern bekannt, dass aufgrund des gefallenen Ölpreises im Schlussquartal des Vorjahres Sonderabschreibungen und Rückstellungen im Ausmaß von 1,8 Milliarden Euro notwendig werden. Und diese dürften den einst erfolgsverwöhnten Konzern heuer tief in die roten Zahlen reißen.

Bei der Raiffeisen Centrobank geht man davon aus, dass die OMV unter dem Strich einen Verlust von ungefähr 1,7 Milliarden Euro schreiben wird. Und ein Verlust frisst bekanntlich das Eigenkapital auf. Da ist es natürlich praktisch, wenn man kurz zuvor noch einen entsprechenden Polster geschaffen hat, der den bilanziellen Aufprall gehörig dämpft.

Doch warum greift die OMV zu einer so kostenintensiven Maßnahme? Nur um hübschere Zahlen – etwa bei der Eigenkapitalquote – zu erhalten? Die Antwort darauf lautet: Ja. Allerdings, weil ihr wohl auch kein anderer Ausweg geblieben ist. Denn im Vergleich zu anderen Ölkonzernen ist die OMV bei einigen wichtigen Bilanzkennzahlen alles andere als „fit“ – etwa bei der Verschuldungsquote (Gearing). Da ist man vom seit Jahren angepeilten Wert von 30 Prozent mit derzeit 38 Prozent noch weit entfernt. Die Exxons und Shells der Ölwelt können bei dieser Kennzahl indes Werte im Ausmaß von 16 bis 24 Prozent vorweisen. Und jede Reduktion von Eigenkapital verschlechtert das Gearing naturgemäß weiter.

Eine Entwicklung, die bei den Investoren, vor allem aber bei den Ratingagenturen überhaupt nicht gut ankommen würde. „Es standen ganz eindeutig Ratingüberlegungen dahinter“, meint deshalb Ulle Wörner, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg, zur Aufnahme des Hybridkapitals. Denn der Druck auf das Eigenkapital sei bei Ölwerten derzeit massiv. So hat die Ratingagentur Moody's erst vor einer Woche bekannt gegeben, weltweit 120 Ölkonzerne mit einem negativen Ausblick versehen zu haben.

Noch wird die OMV bei Moody's mit A3 bewertet – sozusagen am unteren Ende des grünen Bereichs. Nur drei Stufen darunter beginnt aber bereits der spekulative Bereich der sogenannten Junk-Bonds. „Wenn man das Rating verliert, dann ist man quasi plötzlich auf dem Beifahrersitz. Dann muss man höhere Zinsen einfach akzeptieren“, meint dazu Stefan Maxian, Chefanalyst der Centrobank. Jetzt mehr Geld in die Hand zu nehmen, um das zu verhindern, sei daher wohl notwendig und auch schlau gewesen.

Allerdings könnte der jetzt abgelassene Druck auch wieder steigen. Denn wenn der Ölpreis nicht wieder steigt, wie von der OMV erwartet, dann werden noch weitere Abschreibungen notwendig werden, so die Analysten. Mitsamt der Auswirkungen auf das Eigenkapital. Bei der OMV meint man dazu knapp: „Die Entscheidung war im Sinne von vorausschauendem Management ein Vorwegnehmen der negativen Ölpreisentwicklung und retrospektiv sehr richtig. Die Zeiten sind aber nach wie vor schwierig.“

Zahlen

6,25Prozent. So viel bezahlt die OMV für eine Tranche im Ausmaß von 750 Millionen Euro Hybridkapital an Zinsen. Viermal so viel, wie für normale Anleihen zu bezahlen ist.

120Ölkonzerne wurden von der Ratingagentur Moody's zuletzt mit einem negativen Ausblick versehen. Aufgrund der verschlechterten wirtschaftlichen Bedingungen könnte ihr Rating gesenkt werden, heißt es.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2016)

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