IS attackiert Schiiten-Schrein in Damaskus

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Ein Anschlag auf das bedeutende Heiligtum Zainab bint Ali im Süden von Damaskus forderte am Sonntag mehr als 60 Todesopfer und belastet die fragilen Syrien-Friedensgepräche, die am Wochenende in Genf starteten.

Damaskus. Die sunnitische Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat sich zu einem Anschlag auf eine bedeutende schiitische Pilgerstätte in Damaskus bekannt. In einer am Sonntag verbreiteten Erklärung hieß es, zwei Soldaten des „Kalifats“ hätten bei einem „Märtyrer-Einsatz in einem Nest der Ungläubigen“ in Sajjida Sainab im Süden der Hauptstadt zumindest 45 Menschen getötet und 120 weitere verletzt. In späteren behördlichen Angaben war schon von mehr als 60 Toten die Rede.

Nach Angaben der syrischen Nachrichtenagentur Sana war nahe des Schreins in Sajjida-Seinab namens Zainab bint Ali eine Autobombe hochgegangen, in einiger Entfernung sprengten sich zwei Selbstmordattentäter. Der Schrein ist eines von zwei Mausoleen, die beanspruchen, die Ruhestätte von Zainab zu sein, der Tochter des vierten Kalifen Ali, ihr Großvater mütterlicherseits war Religionsgründer Mohammed. Das andere Mausoleum ist in Kairo. Mit Ali begann die Spaltung des Islam in Sunniten und Schiiten: Er wurde von Kräften um den Statthalter in Syrien, der ebenfalls die Nachfolge als Kalif beanspruchte, 661 ermordet, die Schiiten berufen sich auf Ali und dessen Nachfahren.

Vorwürfe an Saudiarabien

Das Heiligtum ist bereits einmal Ziel eines Anschlags gewesen. Die jetzige Tat dürfte die Syrien-Friedensgespräche in Genf nicht eben erleichtern: Das wichtigste syrische Oppositionsbündnis drohte schon kurz nach seiner Ankunft in der Schweiz in der Nacht auf Sonntag wieder mit Abreise. Die Regierung solle als Vorbedingung zuerst ihre „Verbrechen“ einstellen, hieß es. Vertreter der syrischen Regierung indes warfen Saudiarabien vor, für das Erstarken des IS und dessen jetzigen Anschlag auf den Schrein verantwortlich zu sein.

Am Sonntag kam ein erstes informelles Treffen mit UN-Vermittler Staffan de Mistura zustande. Es fand in einem Hotel statt, nicht am offiziellen Verhandlungsort, dem UN-Sitz in Genf. De Mistura, ein Italo-Schwede, äußerte sich danach „optimistisch und entschlossen“. „Das ist eine historische Chance, die wir nicht verpassen dürfen.“

Die Oppositionsvertreter waren nach langem Zögern angereist. Ein Sprecher sagte, man komme „mit gemischten Gefühlen, da es keine Garantien zu den geforderten humanitären Gesten seitens der Regierung gibt“. De Mistura (69) hatte bereits am Freitag mit Vertretern der Damaszener Regierung gesprochen. Das Oppositionsbündnis verlangt ein Ende der syrischen und russischen Luftangriffe sowie der Belagerung von Städten durch Regierungstruppen und verbündete Milizen aus dem Libanon. Dies war auch ein Grund, weshalb die Opposition ihre Teilnahme an den Gesprächen zuvor tagelang offen gelassen hatte. Die Konfliktparteien sollen in Genf nicht an einem Tisch sitzen, sondern in getrennten Sälen, Vermittler sollen dazwischen pendeln. Angesichts von mehr als 260.000 bis 300.000 Toten im Bürgerkrieg seit 2011 wäre schon das Zustandekommen der Gespräche ein Erfolg.

Neue Luftraumverletzung?

Bei einem Angriff russischer Jagdbomber in Syrien wurden derweil am Samstag angeblich zehn Zivilisten getötet. Die Türkei warf indes Moskau vor, ein Suchoi-Su-34-Fullback-Jagdbomber in Syrien habe am Freitag den türkischen Luftraum verletzt. Präsident Recep Tayyip Erdoğan drohte am Samstag Konsequenzen an, nannte den Ort des angeblichen Vorfalls aber nicht. Moskau wittert „Propaganda“. Eine ältere russische Su-24-Fencer war im November im türkisch-syrischen Grenzgebiet abgeschossen worden. Sie hatte einen winzigen Zipfel türkischen Gebiets überflogen. Seither ist die Atmosphäre zwischen Ankara und Moskau vergiftet. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2016)

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